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       # taz.de -- Verschleierungs-Verbot in Schule: Kritik an Ausschluss von Muslimin
       
       > Das Urteil gegen eine Schülerin aus Osnabrück, die wegen ihres Nikab von
       > der Schule geworfen wurde, ruft Kritik hervor. Muslimverbände sind gegen
       > ein Verbot.
       
   IMG Bild: Hätte die Klägerin nur in Gegenwart einer Lehrerin abgenommen: den Nikab
       
       Hamburg taz | Die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert den [1][Rauswurf einer
       Schülerin aus Osnabrück aus einer Abendschule] – zumindest in Teilen. Das
       Verwaltungsgericht Osnabrück hatte am Montag bestätigt, dass die 18-Jährige
       nicht länger am Unterricht teilnehmen darf, weil sie sich weigert, ihren
       Gesichtsschleier abzulegen. „Wir dürfen Frauen nicht nur deswegen vom
       Unterricht ausschließen, weil sie Burka oder Nikab tragen“, sagte Ilka
       Hoffmann vom Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der
       Neuen Osnabrücker Zeitung.
       
       Die Schule sei für Mädchen aus streng konservativen, islamischen Haushalten
       oft die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Gleichaltrigen aufzunehmen. „Im
       Unterricht kann sich das Selbstbewusstsein herausbilden, das nötig ist, um
       entgegen der Familientradition den Schleier abzunehmen“, sagte Hoffmann.
       Anders sei das bei Lehrerinnen, die ein Vorbild sein müssten und deshalb
       keinen Nikab tragen könnten. Hoffmann spricht damit allerdings nicht im
       Namen der niedersächsischen GEW.
       
       ## GEW hält Gesichtsschleier vor allem für Wahlkampfthema
       
       Der dortige Geschäftsführer Richard Lauenstein hält es für falsch, sich zu
       dem konkreten Fall zu äußern. „Die Debatte um Burka und Nikab ist künstlich
       hochgezogen“, sagte Lauenstein. Sie werde geführt, um rechtspopulistischen
       Parteien wie der AfD bei den anstehenden Wahlen Stimmen abzujagen. „Wir
       halten das für gefährlich.“ In der Bundesrepublik seien Gesichtsschleier
       eigentlich kein Problem, sagte Lauenstein.
       
       Das bestätigt auch die Landesschulbehörde. In Niedersachsen habe es in
       diesem Jahr nur einen weiteren Fall gegeben, in dem eine Schülerin ihren
       Gesichtsschleier tragen wollte, sagte Behördensprecherin Bianca Schöneich.
       „Nach Gesprächen zwischen der Schulleitung und der Schülerin verzichtet sie
       darauf.“
       
       Gesichtsschleier sind in Schulen nicht grundsätzlich verboten. Auch an der
       Abendschule Sophie Scholl waren in der Schulordnung weder religiöse Symbole
       verboten noch gab es Bekleidungsvorschriften. Die 18-Jährige konnte also
       nicht wissen, dass sie im Nikab an der Schule nicht erwünscht ist, als sie
       im April zugelassen wurde. Für die Lehrer sei eine Kommunikation jedoch
       nicht möglich, wenn sie das Gesicht und die Mimik ihrer Schülerin nicht
       sähen, sagte die Sprecherin Schöneich.
       
       Durch den Ausschluss vom Unterricht fühlte sich die Schülerin in ihrer
       freien Religionsausübung eingeschränkt. Doch vor Gericht erschien sie wegen
       des großen Medieninteresses nicht und konnte somit auch nicht darlegen,
       warum es eine unzumutbare Einschränkung für sie wäre, auf ihren Schleier zu
       verzichten.
       
       ## Muslimverbände sind gegen Verschleierung und ihr Verbot
       
       „Deshalb ist das Urteil zu akzeptieren“, sagte die Geschäftsführerin des
       Ditib-Landesverbands Niedersachsen und Bremen Emine Oğuz. Es sei schade für
       die junge Frau, da durch den Besuch der Abendschule deutlich sei, dass sie
       sich weiterbilden wolle. Die Vertreterin der türkischen Moschee-Gemeinden
       im Land sieht es zwar kritisch, wenn junge Frauen ihr Gesicht verstecken,
       ist aber gegen ein Verbot: „Das würde diese Menschen weiter ausgrenzen.“
       
       Auch Recep Bilgen, der Vorsitzende der Schura, des Landesverbandes der
       Muslime in Niedersachsen, gibt sich zurückhaltend, wenn es um ein Verbot an
       Schulen geht. Er sagt jedoch, es sei „ein Mindestmaß an Voraussetzung für
       Kommunikation, das Gesicht zu zeigen“. Auch unter muslimischen Theologen
       sei es weitgehend Konsens, „dass Musliminnen ihr Gesicht nicht zu verdecken
       brauchen“.
       
       24 Aug 2016
       
       ## LINKS
       
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