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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Ein Mann tritt aus dem Schatten
       
       > Nicolas Sarkozy will zurück in den Élysée. Dazu spielt er perfekt auf der
       > Klaviatur von Angst und Vorurteilen. Damit könnte er sogar durchkommen.
       
   IMG Bild: Der Ehrgeiz des 61-jährigen Politikers Nicolas Sarkozy ist noch längst nicht gestillt
       
       Paris taz | Die Methode, sich selbst zum Medienthema erster Ordnung zu
       machen, beherrscht Nicolas Sarkozy bestens. Seit mehr als zwei Jahren war
       es offensichtlich, dass er seine schmerzliche Abwahl und die Niederlage
       gegen den Sozialisten François Hollande bei den Präsidentschaftswahlen von
       2012 nicht verdaut hatte und eine neue Chance für eine Wiederwahl
       beanspruchen würde.
       
       Dass er in einem heute erscheinenden Buch seine Kandidatur bei den
       Vorwahlen seiner Partei offiziell bekannt gibt, ist deshalb keine
       Überraschung. Er hatte dazu ja eigens die Parteiführung der konservativen
       UMP übernommen, diese dann reorganisiert und in „Les Républicains“ (LR)
       umtaufen lassen.
       
       Alle öffentlichen und internen Vorbereitungen verrieten deutlich, dass
       Sarkozy sich keineswegs als Politrentner mit seinen lukrativen Gagen als
       Gastredner begnügen wollte. Zudem laufen auch noch strafrechtliche
       Untersuchungen gegen ihn. Allein das ist ein Grund, wieder Präsident zu
       werden, weil ihn dieses Amt aufgrund der Immunität des Staatschefs vor
       jedem Zugriff der Justiz bewahrt.
       
       ## Sarkozys Bilanz ist eher dürftig
       
       Vorab muss er aber ein entscheidendes Etappenziel vor Augen haben: Am 20.
       und 27. November werden die LR-Mitglieder und -Sympathisanten bei Vorwahlen
       (ein wenig wie in den USA) ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen
       im Frühling 2017 nominieren. Wer diese Hürde der internen Selektion
       schafft, hat allerbeste Aussichten, in der Finalrunde – vermutlich gegen
       Marine Le Pen vom Front National – anzutreten und der nächste Präsident
       Frankreichs zu werden.
       
       Die Bilanz von Sarkozys Präsidentschaft 2007–2012 ist aber alles andere als
       glorios: Eine zusätzliche Million Arbeitslose und eine Staatsverschuldung
       in Rekordhöhe gehen auf sein Konto. Mit seinem eigenmächtigen Stil hatte er
       als Staatschef überdies seine Mitbürger verärgert.
       
       Sarkozy aber hat sich gut vorbereitet. Er hat die Meinungsumfragen im
       Detail studiert. Dementsprechend möchte er die Themen Sicherheit, nationale
       Identität und Immigration sowie die Kontroverse um den Islam ins Zentrum
       seiner Kampagne und der Wahldebatte überhaupt stellen. Lange waren die
       Wirtschaft und die Beschäftigung die Hauptsorge der Franzosen, das hat sich
       nach den Terrorattacken völlig geändert.
       
       ## Für Ruhe und Ordnung
       
       Mit 58 Prozent der Nennungen liegen laut Meinungsforschern der Schutz vor
       dem Terrorismus und die Sicherheit weit vor der Sorge um die
       Arbeitslosigkeit mit 17 Prozent. Seit Monaten bereits wirft Sarkozy der
       Staatsführung Nachlässigkeit und Laienhaftigkeit im Kampf gegen den
       islamistischen Terrorismus vor und bietet sich an, mit starker Hand für
       Ruhe und Ordnung zu sorgen.
       
       So regt Sarkozy als „allererste Priorität“ an, „französische
       Staatsangehörige, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen“,
       in geschlossenen Zentren zu internieren oder mit elektronischer Fußfessel
       unter strikten Hausarrest zu setzen. Ausländer, die als Radikalisierte
       erfasst sind, müssten sofort ausgewiesen werden. Sarkozy will auch generell
       eine „drastische Verminderung“ der Zuwanderung. Seine Version von einem
       Schengen II würde bedeuten, dass nur noch EU-Bürger ohne Grenzkontrolle
       einreisen dürfen.
       
       Schließlich fordert er zur Kontrolle des Islam in Frankreich, dass die
       Ausbildung der Imame neu geregelt wird, damit es nur noch Französisch
       sprechende Prediger gebe. Das sind Vorschläge, die heute sowohl bei
       Sympathisanten wie bei den rechten Wählern ankommen. Die Zeitung Libération
       kommentierte dazu, Sarkozy setze auf die „Angst als Programm“, und orakelt:
       „Das Schlimmste ist, dass er damit gewinnen kann.“
       
       23 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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