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       # taz.de -- Geplanter Großprotest gegen Ceta & TTIP: „Wir sind hier nicht in Nordkorea“
       
       > Soziale und ökologische Organisationen haben ein mobilisierendes Thema
       > gefunden: die Ablehnung der Freihandelsabkommen.
       
   IMG Bild: Vorspiel: Berliner FreihandelsgegnerInnen bei einer Protestaktion am Sonntag
       
       Berlin taz | Während die Parteien nach einem mobilisierenden Thema für die
       kommenden Wahlkämpfe suchen, hat die außerparlamentarische Opposition ihres
       bereits gefunden: Der Protest gegen die Freihandelsabkommen mit Kanada und
       den USA vereinigt inzwischen Dutzende Organisationen – von Greenpeace über
       den Mieter- bis zum Gewerkschaftsbund.
       
       Unter anderem rief Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft
       Verdi, am Dienstag zu Demonstrationen in sieben deutschen Städten für den
       17. September auf. Damit will das Bündnis die erstaunliche Teilnehmerzahl
       toppen, die vor einem Jahr in Berlin gegen den Freihandel auf die Straße
       ging: zwischen 150.000 und 250.000 Bürger.
       
       „Wir sind hier nicht in Nordkorea“ – auf diesen Punkt brachte Bsirske den
       Unmut gegen Ceta und TTIP, die geplanten Abkommen zwischen der EU und
       Kanada beziehungsweise den USA. Bsirskes Botschaft: Die Rechtssysteme in
       Deutschland und Europa schützen Bürger und Unternehmen. Zusätzliche
       Schiedsstellen brauche es daher nicht.
       
       Im Ceta-Abkommen haben EU-Kommission und Kanada festgelegt, ein neues
       Schiedsgerichtsverfahren für Konflikte zwischen international tätigen
       Unternehmen und Regierungen einzurichten. Kanadische Firmen könnten bei
       öffentlich bestellten Richtern Klage einreichen, wenn sie sich von der
       Bundesregierung schlecht behandelt fühlen – genauso wie deutsche Firmen in
       Kanada.
       
       ## Klage gegen Mietpreisbremse möglich
       
       Bsirske lehnte diese Konstruktion ab, weil sie ausländische Firmen
       gegenüber einheimischen Betrieben und Bürgern begünstige. Die
       „Sondergerichtsbarkeit“ ermögliche es Unternehmen, auf entgangene Gewinne
       zu klagen, was vor deutschen Gerichten nicht möglich sei. Werde der neue
       Rechtsweg etabliert, beschränke das auch die Kompetenzen der gewählten
       Parlamente, Gesetze zu beschließen, mit denen Firmen nicht einverstanden
       seien. Als Beispiel nannte der Verdi-Chef das Mietpreisbremsengesetz, das
       den Anstieg der Wohnkosten in Deutschland begrenzen soll. Dank Ceta könnten
       kanadische Immobilieninvestoren dagegen klagen.
       
       Der Text für das Abkommen mit Kanada steht. Jetzt geht es darum, ob er
       beschlossen wird. Wann und wie die Ratifizierung durch Bundestag und
       Bundesrat sowie auf EU-Ebene stattfindet, ist unklar. Das geplante
       TTIP-Abkommen mit den USA ist dagegen noch nicht fertig. In vielen Punkten
       gibt es Differenzen. Unter anderem will die US-Regierung eine verbesserte
       Version des Schiedsgerichtsverfahrens auf Basis von Ceta nicht akzeptieren.
       Ob die wegen der US-Präsidentenwahl unterbrochenen Verhandlungen
       erfolgreich abgeschlossen werden oder scheitern, steht in den Sternen.
       
       ## Handel auf Kosten der armen Länder?
       
       Insgesamt geht es bei Ceta und TTIP darum, Zölle und andere Hindernisse für
       den freien Handel zu beseitigen. Auch daran entzündet sich Kritik. Cornelia
       Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin der evangelischen
       Entwicklungsorganisation Brot für die Welt, sieht in den beiden geplanten
       Verträgen ein „Armutsförderungsprogramm“. Leichterer Handel zwischen
       reichen Ländern könne auf Kosten der armen Staaten und ihrer Bevölkerung
       gehen.
       
       Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Gesamtverbandes, wandte sich gegen
       die „weitere Ökonomisierung des Sozialen“. So könnten Krankenhäuser,
       Kindertagesstätten und Altenheime unter Druck geraten, wenn ausländische
       Investoren einen Fuß auf die entsprechenden europäischen Märkte bekämen.
       Soziale Einrichtungen sollten nicht der marktwirtschaftlichen Gewinnlogik
       unterworfen werden, so Schneider.
       
       23 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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