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       # taz.de -- Welt-Aids-Konferenz in Südafrika: Viel hilft viel
       
       > Die Nobelpreisträgerin Francoise Barré-Sinoussi warnt vor einer
       > einseitigen Strategie gegen Aids. Entscheidend seien Prävention und
       > Behandlung gleichermaßen.
       
   IMG Bild: Kondome schützen – jedenfalls an der richtigen Stelle
       
       Durban dpa | Im Kampf gegen HIV-Infektionen setzen Forscher immer mehr auf
       Prophylaxe-Medikamente und ein mögliches Heilmittel. Doch beide Strategien
       könnten für sich genommen der Epidemie kein Ende bereiten, warnte am
       Dienstag die Nobelpreisträgerin Francoise Barré-Sinoussi, die an der
       Entdeckung des HI-Viruses beteiligt war.
       
       Entscheidend seien nach wie vor die Prävention neuer Infektionen und die
       kontinuierliche Behandlung HIV-positiver Menschen. „Wir können noch nicht
       sagen, ob oder bis wann wir ein Heilmittel haben werden“, sagte
       Barré-Sinoussi auf der Welt-Aids-Konferenz im südafrikanischen Durban.
       
       Die Forschungsgelder für ein Heilmittel hätten sich innerhalb weniger Jahre
       auf zuletzt gut 200 Millionen Dollar pro Jahr verdoppelt. Der Großteil der
       Untersuchungen konzentriert sich darauf, den HI-Virus im Körper so weit zu
       hemmen, dass keine laufende Behandlung mehr nötig ist. Patienten wären
       jedoch weiter HIV-positiv, der Virus nur in Schach gehalten. Ein
       Medikament, das den Virus eliminiert, ist noch Zukunftsmusik. „Ein
       wirkliches Heilmittel zu finden, wird sehr schwierig werden“, sagte
       Barré-Sinoussi.
       
       Die Welt-Aids-Konferenz bringt etwa 18.000 Forscher, Aktivisten und
       Regierungsvertreter aus rund 180 Ländern zusammen. Weltweit sterben
       jährlich 1,1 Millionen Menschen an der vom HI-Virus ausgelösten
       Immunschwächekrankheit Aids, vor allem in Afrika. Pro Jahr gibt es weltweit
       rund 2,1 Millionen HIV-Neuinfektionen.
       
       Die Weltgemeinschaft hat sich im Juni in New York auf das Ziel verständigt,
       die Aids-Epidemie bis 2030 zu beenden. Es wird aber stark daran gezweifelt,
       ob dieses Ziel noch erreicht werden kann.
       
       Trotz aller Präventionsbemühungen ist im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der
       HIV-Neuinfektionen in 74 Ländern gestiegen. Darunter sind Ägypten, Kenia
       und Russland, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie im
       Fachmagazin The Lancet HIV hervorgeht. Weltweit gesehen ist die Zahl der
       Neuinfektionen von 2005 bis 2015 um 0,7 Prozent zurückgegangen.
       
       ## HIV als behandelbare chronische Krankheit abgehakt
       
       Die HIV-Expertin Annemarie Wensing machte in Durban der Europäischen Union
       schwere Vorwürfe. Die Staatengemeinschaft vernachlässige die Forschung zu
       einem HIV-Heilmittel, sagte die Wissenschaftlerin, die an der
       niederländischen Universität Utrecht forscht. In Europa werde HIV
       inzwischen als behandelbare chronische Krankheit abgehakt. Fast alle Gelder
       für den Forschungsbereich kämen aus den USA. „Die Europäer denken, wir
       hätten HIV unter Kontrolle“, sagte sie.
       
       Viel Hoffnung setzen Experten inzwischen in Prophylaxe-Medikamente, die
       Menschen vor Neuinfektionen bewahren können. „Wir hoffen, dass wir 2016
       eine größere Verbreitung der medikamentösen Prophylaxe erreichen können“,
       sagte HIV-Expertin Linda-Gail Bekker von der Universität Kapstadt. Das
       Viren-hemmende Medikament „Truvada“, das täglich eingenommen werden muss,
       ist in den USA seit 2012 als Prophylaxe zugelassen. Es kommt besonders für
       Risikogruppen infrage, etwa Männer, die Sex mit Männern haben.
       
       In Südafrika wird die Prophylaxe seit kurzen auch an Prostituierte
       ausgegeben. In Europa wird eine Entscheidung über die Zulassung in den
       kommenden Monaten erwartet. Das Medikament würde nach Einschätzung von
       Experten in Deutschland rund 800 Euro monatlich kosten. Ob sich
       Krankenkassen daran beteiligen, ist noch völlig offen.
       
       „Die Prophylaxe kann HIV-Infektionen verhindern, daher muss sie auch in
       Deutschland verfügbar sein“, sagte Holger Wicht von der Deutschen
       Aids-Hilfe. Skeptiker wenden indes ein, dass die Prophylaxe den Gebrauch
       von Kondomen reduzieren und damit der Ausbreitung anderer
       Geschlechtskrankheiten Vorschub leisten könnte.
       
       19 Jul 2016
       
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