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       # taz.de -- Nach dem Putschversuch in der Türkei: Erste Journalisten festgenommen
       
       > Die Ermittlungen nach dem gescheiterten Putschversuch weiten sich
       > offenbar auf Journalisten aus. Medien berichten von Haftbefehlen gegen 42
       > Beschuldigte.
       
   IMG Bild: Was steht geschrieben? Situation an einem Istanbuler Zeitungskiosk am 21. Juli 2016
       
       Istanbul dpa | Bei den Massenfestnahmen nach dem Putschversuch in der
       Türkei gehen die Behörden nun auch gegen Dutzende Journalisten vor. Die
       Istanbuler Staatsanwaltschaft ordnete am Montag im Rahmen der Ermittlungen
       zum Putschversuch die Festnahme von 42 Journalisten an, wie die staatliche
       Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Darunter ist die prominente
       Regierungskritikerin Nazli Ilicak.
       
       Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, die Ermittlungen richteten sich
       gegen Medien aus dem Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen. Die Regierung
       macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Anadolu meldete, zunächst
       seien fünf der verdächtigen Journalisten festgenommen worden. Ilicaks Haus
       in Istanbul sei durchsucht worden. Nach Angaben von DHA wird nach Ilicak im
       Ferienort Bodrum gesucht.
       
       Auch in anderen Bereichen dauerten die Massenfestnahmen an. DHA meldete,
       bei Razzien in Istanbul seien 31 Akademiker festgenommen worden, darunter
       Professoren. Anadolu berichtete, im Hauptquartier der türkischen
       Militärakademien in Istanbul seien 42 Soldaten festgenommen worden,
       darunter hochrangige Verdächtige. Außerdem seien sieben Elite-Soldaten
       gefasst worden, die in der Putschnacht das Hotel Erdogans in Marmaris
       angegriffen hätten.
       
       Seit dem Putschversuch sind nach offiziellen Angaben mehr als 13. 000
       Verdächtige festgenommen worden, knapp 6000 davon sitzen in
       Untersuchungshaft. Nach Angaben der Nachrichtenagentur wurden mehr als 45
       000 Staatsbedienstete suspendiert. Die Maßnahmen haben international Kritik
       ausgelöst.
       
       Die teilstaatliche Fluglinie Turkish Airlines entließ nach eigenen Angaben
       211 Mitarbeiter mit mutmaßlichen Gülen-Verbindungen. Außenminister Mevlüt
       Cavusoglu kündigte im Sender Habertürk an: „Auch auf der Botschafterebene
       wird es Suspendierungen geben.“ Betroffen seien nicht Botschafter im
       Ausland, sondern Diplomaten mit diesem Rang im Ministerium in Ankara.
       
       Erdogan hatte am Samstag mit seinem ersten Notstandsdekret die Schließung
       von 2341 Einrichtungen mit mutmaßlichen Gülen-Verbindungen angeordnet,
       darunter mehr als 1000 Schulen. Verdächtige können nun bis zu 30 statt
       bislang vier Tage in Polizeigewahrsam gehalten werden, bevor sie einem
       Haftrichter vorgeführt werden müssen.
       
       Die Journalistin Ilicak war Ende 2013 von der regierungsnahen Zeitung Sabah
       entlassen worden, als sie im Rahmen von Korruptionsermittlungen den
       Rücktritt mehrerer Minister der islamisch-konservativen AKP forderte. Die
       Regierung hält die damaligen Korruptionsermittlungen für ein
       Gülen-Komplott.
       
       Ilicak hatte unter anderem auch für die Zeitung Bugün geschrieben, die den
       Gülen-Medien zugerechnet wurde. Die Regierung hatte Bugün im vergangenen
       Jahr unter Zwangsverwaltung gestellt, auf AKP-Kurs gezwungen und später
       geschlossen.
       
       25 Jul 2016
       
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