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       # taz.de -- Ein Lokalpolitiker unter lauter Rockern: Die Rückkehr der Höllenengel
       
       > In Bremen sind die Hells Angels eigentlich verboten. Jetzt bauen sie aber
       > ein neues Vereinsheim. Mit dabei: Der ehemalige Wutbürger Fritjof Balz.
       
   IMG Bild: Was Hells Angels so zu Hause haben: Fundstücke einer Razzia
       
       BREMEN taz | Die Hells Angels sind zurück in Bremen. Sie treffen sich
       neuerdings in einer ehemaligen Gaststätte im Bremen Westen, am Rande eines
       Parzellengebietes. Mittendrin: Der ehemalige Wutbürger Fritjof Balz, Beirat
       in Bremen-Blumenthal, Sprecher einer Bürgerinitiative gegen ein
       Flüchtlingsheim in Farge. Das berichten Augenzeugen.
       
       Den hohen Zaun rund um das Grundstück an der Waller Straße 30 haben die
       Rocker mit einer weißen Plane verhüllt, über dem Eingang hängt ein Schild:
       „Parzelle 1“, dazwischen der Schriftzug „West“. Und noch eines:
       „Nichtbeschäftigten ist der Zutritt strengstens verboten“. Auf Fritjof Balz
       trifft das offenbar nicht zu. Er ist deutlich muskulöser als früher, wirkt
       aufgepumpt. Am vergangenen Wochenende trug Balz Augenzeugen zufolge mal ein
       „81“-Shirt, mal einen Schlüsselbund, auf dem„Fight for your right“ steht.
       Die „81“, ein Synonym für „HA“, nutzen die Hells Angels als Code. Balz
       selbst war für die taz nicht zu erreichen.
       
       Bei der Wahl im vergangen Jahr bekam der rechtslastige Lokalpolitiker 3.294
       Personenstimmen. In den Kommentarspalten der sozialen Netze schrieb Balz in
       der Vergangenheit von der „Asylwirtschaft, welche sich auf den Schultern
       der Steuerzahler enorme Summen zuschustert“. Oder vom Krieg, den man besser
       nicht mehr erwähne, weil der „uns sonst noch 100 Jahre aufs Brot geschmiert
       und als Ausrede genutzt“ werde. Neben der Klage über Flüchtlinge aus Indien
       breitete er auch antisemitische Verschwörungstheorien aus: Dass ein Plan
       bestehe, Europa zu einem „buntgemischten braun-gelb-schwarz-weißen
       Bastardenvolk“ zu vermischen, um dann „von der Edelrasse der Juden regiert“
       zu werden. Auch von einer „zionistischen Vernichtungs-Agenda“ ist die Rede
       und dass diese darin bestehe „40 Millionen Deutsche“ zu sterilisieren. Den
       Post hat Balz aber schnell wieder gelöscht.
       
       2015 war Balz aus der Wählervereinigung „Bürger in Wut“ ausgetreten, um ins
       andere rechte Lager zu wechseln. Doch sein Mitgliedsantrag für die AfD
       wurde abgelehnt. Kurz zuvor hatte die Seite „[1][antifa-bremen.org]“ Fotos
       veröffentlicht: Sie zeigen Balz inmitten von Neonazis und rechten Hooligans
       bei einer Aktion am Hauptbahnhof: Aus nationaler Nächstenliebe wurde
       Kleidung an deutsche Obdachlose verteilt. „Da waren auch NPDler dabei“,
       sagte der Bremer AfD-Sprecher der taz. „Die NPD ist ein absolutes
       Ausschluss-Kriterium.“ Mittlerweile sitzt Balz als Parteiloser im
       Stadtteilparlament. Die taz hält er für den „Völkischen Beobachter“ der
       linken Szene.
       
       Auf die Zusammenkünfte der Rocker in Bremer Westen wurde auch die Politik
       schon aufmerksam: „Es ist uns bekannt, dass sich Personen mit Rockerkutten
       wieder im Stadtgebiet bewegen“, sagt Nicolai Roth, Sprecher des Bremer
       Innensenators. „Die Polizei bewertet das zur Zeit“. Es habe am vergangenen
       Wochenende „an der Örtlichkeit einen Polizeieinsatz ohne strafrechtlichen
       Hintergrund gegeben“, sagt ein Polizeisprecher. „Fest steht zurzeit nur,
       dass Mitglieder der Rockergruppierung „Hells Angels“ aus dem
       niedersächsischen Umland dort vermehrt angetroffen und kontrolliert worden
       sind“. Welchen Status und welche Zielgruppe die aktuellen Betreiber des
       Lokals erreichen wollten, sei aber noch nicht abschließend geklärt. Die
       Polizei beobachte die Szene „genau“ und habe die Aktivitäten der Rocker
       „weiterhin im Blick“.
       
       ## Seit 2013 in Bremen verboten
       
       [2][Die Hells Angels, Charter Bremen, sind seit drei Jahren verboten], das
       Vermögen des Vereins wurde beschlagnahmt, auch „Ersatzorganisationen“ hat
       der Innensenator damals untersagt. Nicht erlaubt ist auch das Tragen des
       „geflügelten Totenkopfes mit dem Schriftzug „Hells Angels“. Allerdings gilt
       dieses „Kuttenverbot“ nur für Bremer Hells Angels – Mitglieder aus anderer
       Bundesländern dürften auch in Bremen die Zeichen des Rockerclubs tragen.
       Bei den Treffen in Walle sieht man die Insignien der Rocker gleich
       mehrmals, auch solche mit dem „West Side“ auf dem Shirt oder dem verbotenen
       Schriftzug „Big Red Machine“.
       
       Im Rahmen des Verbotes hat die Polizei 2013 in Bremen und Niedersachsen 17
       Wohnungen und andere Objekte von zwölf Mitgliedern der Rocker-Gruppierung
       durchsucht. Rund 500 Beamte waren im Einsatz und beschlagnahmtem Schlag-,
       Stich-, Gas- und Signalwaffen, aber auch Pfefferspray, Anabolika, Kutten,
       sowie Bargeld. Der Ortsverein „Bremen“ der Hells Angels gilt als Ableger
       des mächtigen Charters „Westside“, der sich 2012 nach eigener Erklärung
       selbst aufgelöst hat. Mehrere seiner Mitglieder sind laut Polizei als
       Straftäter aufgefallen. Dem Verein wird vorgeworfen, dass er „vornehmlich
       eine Gebiets- und Machtentfaltung auf kriminellem Sektor“ gegenüber anderen
       „Outlaw Motorcycle Gangs“ betreibt. 2013 kam es wiederholt zu
       Auseinandersetzungen mit der inzwischen ebenfalls verbotenen
       [3][Rocker-Organisation der „Mongols“] in Bremen. Sie sind mit den Hells
       Angels seit jeher verfeindet. Bei den Kämpfen der Rocker wurde 2013 ein
       Mongol durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt.
       
       In Walle hat das Auftreten der Hells Angels schon den Beirat auf den Plan
       gerufen. Cornelia Barth, Sprecherin der Linken im Stadtteilparlament will
       „schnell prüfen“, was gegen die Rocker unternommen werden könne, „auch
       baurechtlich“.
       
       26 Jul 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://antifa-bremen.org/was-ging-ab/2015/bremer-afd-mitglied-inmitten-von-gsd-nazis/
   DIR [2] http://www.senatspressestelle.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen146.c.69874.de
   DIR [3] http://www.landesportal.bremen.de/senat/336318/44609639
       
       ## AUTOREN
       
   DIR andrea Röpke
       
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