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       # taz.de -- EU-Austrittsverhandlungen mit London: Franzose Barnier wird „Mr. Brexit“
       
       > Michel Barnier wird Chef-Unterhändler der EU für den Austritt
       > Großbritanniens. Eine härtere Botschaft hätte Brüssel nicht senden
       > können, sagen Banker in London.
       
   IMG Bild: Winkt er schon zum Abschied? – Michael Barnier
       
       Brüssel afp | Er ist der „Mr. Brexit“ in Brüssel: EU-Kommissionspräsident
       Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch den ehemaligen französischen Außen- und
       Agrarminister Michel Barnier zum Verhandlungsführer für die
       Austrittsgespräche mit Großbritannien ernannt.
       
       Barnier war rund ein Jahrzehnt lang auch EU-Kommissar, zuletzt war er bis
       2014 für den Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen zuständig – beides
       Bereiche, die in den künftigen Beziehungen zu London eine zentrale Rolle
       spielen.
       
       Juncker habe den 65-jährigen Barnier mit der „Vorbereitung und Führung“ der
       Austrittsgespräche betraut, teilte die Kommission mit. Er werde direkt an
       den Kommissionspräsidenten berichten und „die besten Kommissionsexperten zu
       seiner Verfügung haben“.
       
       Barnier tritt seinen Posten am 1. Oktober an. Der konservative französische
       Politiker schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, er fühle sich
       „sehr geehrt“, mit der „anspruchsvollen Mission“ betraut worden zu sein.
       
       ## Ein zweiter „Mr. Brexit“ steht bereits fest
       
       EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte schon Ende Juni mit dem belgischen
       Diplomaten Didier Seeuws einen eigenen Brexit-Beauftragten benannt. Der
       Schwerpunkt der Verhandlungen dürfte aber bei der Kommission liegen. Sie
       verfügt mit ihren 33.000 Mitarbeitern anders als der Rat der
       Mitgliedstaaten über die nötigen Experten, um die komplizierten Details der
       Gespräche zu erfassen.
       
       Die Briten hatten sich bei einer Volksabstimmung am 23. Juni mit rund 52
       Prozent für den Austritt aus der EU ausgesprochen. Der offizielle
       Austrittsantrag der britischen Regierung nach Artikel 50 des EU-Vertrages
       steht aber noch aus.
       
       Erst danach beginnen die auf zwei Jahre befristeten Verhandlungen mit der
       EU über die Entflechtung der komplexen Beziehungen zwischen beiden Seiten.
       Gespräche über das künftige Verhältnis und Großbritanniens Wunsch, weiter
       Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten, dürften parallel vorbereitet werden.
       
       ## Die Banker in London sind unzufrieden
       
       Barnier war zwischen 2010 und 2014 für den Binnenmarkt unter
       Kommissionspräsident José Manuel Barroso zuständig. Der Franzose dürfte
       vielen Bankern der City of London noch in unguter Erinnerung sein: Da sein
       Ressort auch Finanzdienstleistungen abdeckte, war er maßgeblich am Aufbau
       der europäischen Bankenunion und der stärkeren Regulierung der Branche als
       Reaktion auf die Finanzkrise beteiligt.
       
       Die City habe Barnier damals regelrecht „dämonisiert“, sagte Jacques
       Lafitte von der Investment-Beratergruppe Avisa der Nachrichtenagentur AFP.
       Mit der Ernennung Barniers zum Brexit-Verhandlungsführer hätte die
       Kommission „den Engländern keine härtere Botschaft senden können.“
       
       Zwischen 1999 und 2004 war Barnier bereits als Kommissar für
       Regionalpolitik in Brüssel gewesen. In seiner Heimat Frankreich war er
       davor in den 1990er Jahren Umwelt- und später Europastaatssekretär. 2004
       und 2005 war er dann Außenminister, bevor er von 2007 bis 2009 das
       französische Agrarressort führte.
       
       2014 hatte sich Barnier auch um das Amt des Spitzenkandidaten der
       konservativen Europäische Volkspartei EVP für die Europawahl beworben. Er
       verlor das Rennen gegen den ehemaligen Luxemburger Regierungschef Juncker,
       der in der Folge dann auch Kommissionspräsident wurde. Zuletzt arbeitete
       Barnier als Berater der Kommission im Bereich Verteidigungsfragen.
       
       27 Jul 2016
       
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