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       # taz.de -- Köln vor der Pro-Erdoğan-Demo: In angespannter Erwartung
       
       > Am Sonntag wollen bis zu 30.000 Erdoğan -Fans durch Köln marschieren. Der
       > türkische Sportminister wird sprechen. Es gibt vier Gegendemonstrationen,
       > u.a. von Rechten.
       
   IMG Bild: An der Deutzer Werft mit Blick auf die Skyline wollen die Erdoğan-Fans demonstrieren
       
       Köln dpa/taz | In angespannter Atmosphäre erwartet Köln eine für
       Sonntagnachmittag angekündigte Pro-Erdogan-Demonstration mit bis zu 30.000
       Teilnehmern. „Mich haben unzählige Briefe, Emails und Anrufe von besorgten
       Bürgerinnen und Bürgern erreicht“, teilte Oberbürgermeisterin Henriette
       Reker (parteilos) mit. Sie nehme die Sorgen sehr ernst. Die Polizei ist
       nach eigenen Angaben auf gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereitet:
       2.300 Polizisten werden zusammengezogen. Eine Live-Zuschaltung von
       Präsident Recep Tayyip Erdoğan aus der Türkei bleibt verboten.
       
       Es gibt vier verschiedene Gegen-Demonstrationen. Ein geplanter
       Demonstrationszug von Rechten quer durch die Innenstadt darf dagegen
       endgültig stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine
       Beschwerde der Kölner Polizei zurück, wie ein Sprecher des Gerichts am
       Samstag bestätigte. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die
       rechtsextremistische Splitterpartei Pro NRW. Die Polizei befürchtet
       Ausschreitungen, doch die Richter sehen dafür keine ausreichenden
       Anhaltspunkte.
       
       Eine erste Gegendemo in der Kölner Innenstadt mit etwa 150 Teilnehmern
       verlief am Samstag friedlich. Redner verurteilten sowohl den Militärputsch
       als auch Erdoğan, der den Umsturzversuch für „antidemokratische Maßnahmen“
       missbrauche.
       
       Es ist noch offen, ob Erdoğan via Video-Leinwand zugeschaltet wird. Das
       Oberverwaltungsgericht verwarf eine Beschwerde des Anmelders der
       Pro-Erdoğan-Demonstration, dieser hat mittlerweile das
       Bundesverfassungsgericht eingeschaltet. Ein Karlsruher Gerichtssprecher
       sagte, der Antrag betreffe eine Entscheidung des OVG in Münster. Es gehe um
       eine Videoleinwand. Die Eilsache sei in Bearbeitung. Zugrunde liege die
       Aussage, der Antragsteller fühle sich in seinen Grundrechten verletzt.
       
       ## Türkischer Sportminister spricht
       
       Bei der Demonstration wird ein Mitglied der Regierung in Ankara auftreten:
       Der türkische Sportminister werde sprechen, sagte Kölns Polizeipräsident
       Jürgen Mathies am Samstag. Einen Auftritt des türkischen Außenministers
       habe er verhindern können. Die Polizeikräfte würden noch einmal
       aufgestockt: von 2300 auf nunmehr 2700. Er sei „zuversichtlich, dass Köln
       morgen einen friedlichen Tag erlebt“, sagte Mathies mit Blick auf diese
       massive Präsenz.
       
       Zugleich wies er Erdogans Kritik zurück, türkischstämmige Bürger würden in
       Deutschland in ihrem Demonstrationsrecht eingeschränkt. „Ich kann mir nicht
       vorstellen, dass Herr Erdoğan hier auch nur ansatzweise Recht hat.“ Erdoğan
       hatte am Freitagabend in Ankara kritisiert, den Türken in Deutschland und
       Österreich werde das Recht zu Protesten verwehrt.
       
       Die Redner seien Vertreter fast aller türkischen Parteien, also auch der
       Opposition. Mit Gewalt von Seiten der türkischen Teilnehmer sei nicht zu
       rechnen, die Veranstaltung diene der „Harmonie in der türkischen
       Community“, sagte Bülent Bilgi, Generalsekretär der mitorganisierenden
       Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Der deutschen Öffentlichkeit
       werde ein ganz falsches Bild davon vermittelt. Es handele sich auch gar
       nicht um eine Pro-Erdoğan-Demo, sondern es gehe um den vereitelten
       Militärputsch.
       
       ## Kritik von deutschen Politikern
       
       Deutsche Politiker haben sich kritisch über einen Auftritt türkischer
       Minister oder gar von Erdoğan persönlich geäußert. „Es kann nicht sein,
       dass unsere Parlamentarier die Bundeswehrtruppen in der Türkei nicht
       besuchen dürfen, aber Erdoğan seine Minister zur Demonstration nach Köln
       schicken will“, sagte der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU)
       der Bild-Zeitung. FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung
       auf, „alle rechtlichen und diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um die
       Einreise dieser Politiker zu unterbinden“.
       
       Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu,
       wies darauf hin, dass Erdoğans Medienpräsenz immer mehr zunehme. „Erdoğan
       ist eigentlich in der deutschen Öffentlichkeit inzwischen präsenter als
       Merkel und Gauck“, sagte er dem rbb-Inforadio.
       
       30 Jul 2016
       
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