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       # taz.de -- Kommentar Pro-Erdoğan-Demo in Köln: Ein Konflikt als Farce
       
       > Eine bizarre Demo und ärgerliche Aussagen deutscher Politiker. Dabei
       > müsste so vieles in der Türkei-Debatte ernsthaft diskutiert werden.
       
   IMG Bild: Am Sonntag in Köln
       
       Eine Liste mit Toten, die minutenlang vorgelesen wird; ein Israelhasser,
       der das angebliche „Türkei-Bashing“ der deutschen Medien geißelt; ein
       Pop-Song, dessen Refrain aus dem Namen des türkischen Präsidenten besteht –
       auch abseits der Behauptung, dass Recep Tayyip Erdoğan für Demokratie und
       Menschenrechte steht, hatte [1][die Pro-Erdoğan-Demo am Sonntag in Köln]
       einige Bizarrheiten zu bieten. Das wiederum ist erstmal eine gute
       Nachricht: Wer wie die Demo-Organisatoren Verschwörungstheorien zur
       Medienkritik braucht, dem sind die stichhaltigen Argumente schon längst
       ausgegangen.
       
       Umso ärgerlicher ist deshalb, wenn die Rhetorik deutscher Politiker den
       türkischen Präsidenten stärkt, anstatt ihn weiter zu schwächen.
       Staatssekretär Jens Spahn (CDU) forderte die hier lebenden und zum Teil
       auch geborenen Erdoğan-Anhänger auf, doch bitte in der Türkei zu
       demonstrieren. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bat darum,
       einen innenpolitischen Konflikt nicht in die „Wahlheimat NRW“ zu tragen.
       Für jeden Redner war dies eine Steilvorlage, um das Mißtrauen, das die
       deutsch-türkischen Erdoğan-Anhänger gegenüber der deutschen
       Mehrheitsgesellschaft hegen, in politisches Kapital für die AKP zu
       verwandeln.
       
       Die Auseinandersetzung mit der Türkei sollte deshalb Politikfelder jenseits
       der Identitätspolitik – „Demokratie-Verkörperer“ versus „Autokraten-Fans“ –
       besetzen. Zivilgesellschaftlich ist es sicherlich sinnvoller, geschassten
       Akademikern Gastdozenturen anzubieten, und verfolgten Journalisten mit
       Recherche-Stipendien unter die Arme zu greifen, anstatt sich über die
       Legitimität von Pro-Erdoğan-Demos auf Kölner Boden zu streiten.
       
       Aber auch auf dem Feld der Außenpolitik existieren Möglichkeiten, mehr
       Druck auf den NATO-Partner Türkei auszuüben. Deutschland ist der wichtigste
       Handelspartner der Türkei, zudem ist die im Flüchtlingsdeal ausgehandelte
       Visafreiheit ein Punkt, mit dem die AKP bei Deutsch-Türken punkten kann.
       Ändert Merkel an dieser Konstellation etwas, droht ihr jedoch zweifacher
       Ärger – mit den CSU-Rechtsaußen, aber auch mit den türkischsstämmigen
       Mitgliedern ihrer Partei. Also werden wir nach Böhmermann und der Demo in
       Köln auch den nächsten Konflikt mit der Türkei wieder als Farce erleben.
       Unterhaltungswert hat das alles ja.
       
       1 Aug 2016
       
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