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       # taz.de -- Putin entlässt seinen Stabschef: Iwanow muss in die Natur
       
       > Russlands Präsident trennt sich von seinem Weggefährten Sergej Iwanow.
       > Der soll sich nun um Naturschutz kümmern – keine Auszeichnung.
       
   IMG Bild: Putin und Iwanow, hier im März 2015 in Moskau
       
       Moskau taz | Am Freitag musste Stabschef Sergej Iwanow seinen Hut nehmen.
       Der langjährige Weggefährte Wladimir Putins war seit 2011 Leiter des
       Präsidialamts. In einer knappen Notiz teilte der Kreml den Abgang des
       63-jährigen gelernten Geheimdienstlers auf seiner Webseite mit.
       
       Er wird sich nun als Sonderbeauftragter des Präsidenten um Angelegenheiten
       „des Naturschutzes, der Ökologie und des Transports“ kümmern. Das klingt
       nicht nach Auszeichnung, sondern eher nach einer Degradierung. So wie zu
       Sowjetzeiten in Ungnade gefallene Größen mit der Leitung des
       Landwirtschaftsministeriums betraut wurden. Die Natur als Endstation der
       Karriere ohne Rückkehroption. Offiziell soll Iwanow den Kremlchef jedoch um
       die Versetzung gebeten haben.
       
       Für Insider kam die Entlassung nicht unerwartet. Nur der Zeitpunkt kurz vor
       den Dumawahlen im September überrascht Beobachter wie die Politologin
       Katharina Schulman von der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und
       Staatsdienst. „Dass der Wechsel ansteht, war klar“, was ihn plötzlich so
       dringlich machte unterdessen auch Eingeweihten Rätsel auf.
       
       Manche sehen hinter der Entscheidung das Bestreben Putins, den engeren
       Machtkreis zu verjüngen. In den letzten Wochen hatte der Kremlchef mehrere
       Spitzenpositionen mit jüngeren und loyalen Sicherheitskräften besetzt.
       Putins Personenschützer stiegen zu Gouverneuren auf.
       
       ## Putin stellt das Team für 2018 zusammen
       
       Neuer Kanzleichef wird Iwanows bisheriger Stellvertreter, der 44-jährige
       Anton Wajno, ein Karrierediplomat und Protokollfachmann, der bislang
       öffentlich nicht in Erscheinung trat. Sein Großvater Karl Wajno war bis
       1988 Erster Sekretär der Kommunistischen Partei der estnischen
       Sowjetrepublik.
       
       Anton Wajno gehört zu jener Generation, die Putin im Gegensatz zu den alten
       Weggefährten nur in der Rolle der Führungsfigur kennen. Sie sind meist
       Technokraten, die machen, was ihnen aufgetragen wird. Wladimir Putin stellt
       bereits die Mannschaft zusammen, mit der er in den nächsten
       Präsidentschaftszyklus von 2018 bis 2024 starten will.
       
       Sergej Iwanow war unterdessen mehr als nur ein Weggefährte. Als Wladimir
       Putin im Jahr seines Amtsantritts 2000 befragt wurde, wem er vertraue,
       nannte er an erster Stelle Sergej Iwanow. 2007 hatte ihn der Kremlchef
       neben Dmitri Medwedjew auch als potentiellen Ersatz-Präsidenten auserkoren.
       Als ziviler Verteidigungsminister sollte er noch 2000 zur
       Entmilitarisierung der russischen Gesellschaft beitragen. Ziele, die heute
       unvorstellbar klingen.
       
       Der Leningrader Sergej Iwanow schied als Generalleutnant aus dem aktiven
       Dienst des Geheimdienstes aus. Er gehörte zum engsten Kreis um Putin, dem
       nur antiwestliche Falken angehören. Vor kurzem ereilte auch Putins alten
       Leningrader Datscha-Kollegen Wladimir Jakunin die Entlassung als
       Eisenbahnchef. Schamlose Bereicherung, vor allem aber die britische
       Staatsbürgerschaft seines Sohnes kosteten ihn die Position. Auch Sergej
       Iwanows Zeit an der Seite Putins war von Skandalen begleitet.
       
       Manchmal wünsche sich Putin wohl, dass sich in seinem Umfeld auch saubere
       Leute bewegten, um die Mehrheit der einfachen Wähler nicht abzuschrecken,
       meinte der Politologe Andrej Kolesnikow vom Moskauer Carnegie Zentrum
       sinngemäß.
       
       12 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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