# taz.de -- Streit um Moscheeverband Ditib: Iba… was?
> „Focus“, „FAZ“ und ein Freiburger Forscher gehen Ditib an. Dessen
> Syndikus Murat Kayman soll versteckt zum Mord aufgerufen haben.
IMG Bild: Murat Kayman, Blogger und Syndikus in der Kölner Verbandszentrale von Ditib
Berlin taz | Ibadismus, schon mal gehört? Religionsgemeinschaft im Islam,
weder Sunniten noch Schiiten, Bevölkerungsmehrheit in Oman mit kleineren
Ablegern in Nordafrika. In Deutschland leben höchstens ein paar hundert
Ibaditen, in der öffentlichen Debatte spielten sie nie eine Rolle. Bis
jetzt: Der Ibadismus steht im Mittelpunkt eines heftigen Schlagabtauschs
innerhalb des deutschen Islam. Es geht um Erdoğan, Import-Imame und eine
Fatwa aus Köln-Ehrenfeld.
In der einen Ecke: Ditib, der konservative Moscheeverband der
Deutschtürken, in der Kritik wegen seiner Abhängigkeit von Ankara. Für
Ditib steht Murat Kayman im Ring, Blogger und Syndikus in der Kölner
Verbandszentrale. In der anderen Ecke: die Pädagogische Hochschule
Freiburg, vertreten durch ihren Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Er
gilt als Vordenker eines liberalen Islam und legt sich immer wieder mit
Ditib an, zuletzt vor drei Wochen. Da warf er dem Verband vor, mit seinen
türkischen Imamen zur Radikalisierung von Jugendlichen beizutragen.
Das ließ sich Kayman nicht gefallen. In seinem Blog schlug er zurück. Nicht
mit Argumenten, sondern einer Vermutung: Ourghi komme aus Algerien und habe
lange Zeit über den Ibadismus geforscht; da liege es nahe, dass der
Wissenschaftler „selbst der Gemeinschaft der Ibaditen angehört“. Diese
könnten andere Muslime bekanntlich eh nicht leiden, also sei wohl klar,
woher der Wind wehe.
Ourghi sah rot. In E-Mails bat er Journalisten, den Blogpost aufzugreifen.
Oder, in seinen Worten: „diesen Skandal, der aktuell mitten in Deutschland
vor sich geht“. So wie manche Ibaditen keine Sunniten mögen, mögen manche
Sunniten nämlich keine Ibaditen. Einige Sunniten trachten den Ibaditen laut
Ourghi sogar nach dem Leben. Und so sei Kaymans Blogpost in Wahrheit ein
„versteckter Mordaufruf, praktisch eine Fatwa“.
Sowohl der Focusals auch die FAZgriffen den Vorwurf Ourghis auf. Für Kayman
ist das natürlich blöd, er kommt in beiden Artikeln nicht gut weg. Und so
ist der Kampf mittlerweile in Runde vier angelangt: Kayman wirft seinem
Gegner „eine infame Dämonisierung“ vor und erwägt nun rechtliche Schritte.
Für alle, die nun nicht mehr mitkommen, folgt abschließend die wichtigste
Information. Ourghi stellt richtig: „Ich bin kein Ibadit.“ Es gibt also
überhaupt keinen Grund, ihn zu ermorden.
16 Aug 2016
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DIR Tobias Schulze
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