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       # taz.de -- Ehemalige Berliner Bad Bank: Das Problemkind wird zum Streber
       
       > Nach ihrem Fast-Verkauf bringt sich die landeseigene Immobilienfirma
       > Berlinovo mit einem 420-Millionen-Geschäft weiter in Richtung Gewinnzone.
       
   IMG Bild: Die Berlinovo baut auch Flüchtlingsunterkünfte, hier in Marzahn
       
       Matthias Kollatz-Ahnen könnte sich jetzt zurücklehnen, durch die
       angegrauten Haare streichen und alles besser wissen. Aber das wäre gegen
       die Natur des bedächtigen Finanzsenators mit dem SPD-Parteibuch.
       
       Es ist Mittwochmittag, und die landeseigene Berlinovo Immobilien GmbH hat
       gerade einen gewinnreichen Verkauf von Pflegeheimen vorgestellt – ein
       Geschäft, zu dem es nach Willen seines Vorgängers Ulrich Nußbaum nie
       gekommen wäre. Der wollte 2011 im Einvernehmen mit Linkspartei und
       Regierungschef Wowereit das komplette Unternehmen für 70 Millionen Euro
       verkaufen – nun bringt eine einzelne Sparte 220 Millionen Gewinn. Statt
       seinen Vorgänger zu kritisieren, sagt Kollatz-Ahnen: „Es hätte auch alles
       anders kommen könne.“
       
       BIH hieß die Berlinovo vormals seit 2006, Berliner Immobilien-Holding, sie
       war die sogenannte Bad Bank des Landes, in der man überschuldete oder
       Schrottimmobilien aus 29 verlustreichen Immobilienfonds bündelte.
       Haushaltsexperten warnten damals davor, die BIH könne mit schwer zu
       kalkulierenden Risiken den Berliner Landeshaushalt belasten wie die seit
       dem Bankenskandal 2001 berüchtigte Berliner Bankgesellschaft.
       
       Die BIH loszuwerden erschien nicht nur Nußbaum, sondern auch dem damaligen
       Wirtschaftssenator Harald Wolf von der Linkspartei der richtige Weg. Anders
       als bei früheren Wohnungsverkäufen sah Wolf dadurch keinen schädlichen
       Rückzug des Staats aus der Versorgung mit Wohnraum: Die Fonds, zu denen die
       Immobilien gehörten, hätten nie einer sozialen Wohnungspolitik gedient.
       
       ## Verkauf nach Abu Dhabi gestoppt
       
       Raed Saleh allerdings, damals noch einfacher SPD-Abgeordneter und nicht wie
       heute Fraktionschef, ließ sich davon nicht überzeugen und machte in der
       SPD-Fraktion Druck, den Verkauf an einen ungenannten Kapitalgeber,
       angeblich aus Abu Dhabi, zu stoppen – gegen den damaligen Fraktionschef
       Michael Müller. Der Senat selbst gab nicht zu, vor der SPD-Linken
       einzuknicken und nannte mangelnde Transparenz beim geplanten Käufer als
       Grund für das gescheiterte Geschäft. Fortan sollten Immobilien außerhalb
       Berlins stückweise verkauft, Wohnungen in Berlin aber behalten werden.
       
       Aus der BIH wurde so 2012 die Berlinovo, die zunehmend als inoffizielle
       siebte landeseigene Wohnungsbaugesellschaft wahrgenommen wird: Sie ist es,
       die im Juni begonnen hat, 2.800 weitere Studentenwohnungen zu bauen, sie
       ist zuständig für jene künftigen Flüchtlingsunterkünfte, die unter dem
       Kürzel Muf bekannt geworden sind. Die auf ihren Immobilien lagernden
       Schulden haben sich drastisch verringert.
       
       Konkret 420 Millionen Euro bekommt die Berlinovo von der Deutsche Wohnen AG
       für 28 Pflegeheime, die vorwiegend in Bayern und Baden-Württemberg stehen.
       Die Summe ist mehr als das Fünfzehnfache dessen, was die Berlinovo jährlich
       an Miete aus den Heimen zieht. Von den 420 Millionen gehen rund 200
       Millionen ab: Bisherige Schulden der Pflegeheime, die das Unternehmen im
       Rahmen des Verkaufs tilgt.
       
       Die Bedeutung des Geschäfts geht für Kollatz-Ahnen, zugleich
       Aufsichtsratsvorsitzender der Berlinovo, weit über diesen Mittwoch hinaus:
       „Mit diesem Tag ist sicher gestellt, dass von der Berlinovo keine Gefahr
       mehr für den Landeshaushalt ausgeht.“ Offiziell siebtes
       Wohnungsbauunternehmen des Landes soll sie trotzdem nicht werden – das ist
       laut Kollatz-Ahnen vor einer für 2026 ins Auge gefassten Schlussabrechnung
       rechtlich zu schwierig, So bleibt es bei der Selbstbeschreibung als
       „modernes Dienstleistungsunternehmen der Immobilienbranche“. Was für
       Stauber kein Problem ist: „Wir fühlen uns mit unserem Sonderstatus ganz
       wohl.“
       
       24 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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