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       # taz.de -- Eigene Digitalwährung der Banken: Zahlungsverkehr ohne Verwaltung
       
       > Die Deutsche Bank will mit anderen Instituten eine neue Digitalwährung
       > schaffen. Das könnte die Kontrolle von Finanzgeschäften erschweren.
       
   IMG Bild: Bekommen Konkurrenz: Bitcoins
       
       Berlin taz | Die neue Digitalwährung hört auf den Namen „Utility Settlement
       Coin“ (USC), auf Deutsch in etwa „Gemeinsames Abrechnungsgeld“: Die
       Deutsche Bank will gemeinsam mit dem spanischen Institut Santander, der
       Schweizer UBS und der 1,7 Billionen Dollar schweren Investmentfirma BNY
       Mellon den Zahlungsverkehr auf dem internationalen Finanzparkett
       umkrempeln.
       
       Die Technologie, die dahintersteckt, ist seit rund zwei Jahren der letzte
       technologische Schrei im Finanzsektor. „Blockchain“ heißt das Prinzip, das
       auch bei den Digitalwährungen wie dem seit 2009 existierende Bitcoin,
       Litecoin oder Ripple eingesetzt wird. Sie schaffen es zwar oft in die
       Schlagzeilen, aber vom Volumen her spielen sie in der Weltwirtschaft keine
       Rolle.
       
       Bei Blockchains werden im Prinzip alle Zahlungsvorgänge mit einer
       virtuellen Währung in einem öffentlich zugänglichen Kontobuch verwaltet.
       Kopien davon befinden sich auf allen Rechnern, die mittels kryptografischen
       Verfahren alle Transaktionen der Währung anonym nachvollziehen und
       freigeben. Klingt kompliziert, aber warum bedruckte Papierfetzen, vulgo
       Bargeld, als Gegenleistung für so ziemlich alles weltweit akzeptiert wird,
       kann auch niemand erklären.
       
       Der Effekt ist, dass es keine zentrale Verwaltung mehr gibt, die Zahlungen
       kontrollieren muss – das macht das Netzwerk. In Start-ups, die
       entsprechende Technologie entwickeln, fließen mittlerweile Milliarden
       Dollar an Risikokapital. Die Technik könne die Welt verändern, titelte
       kürzlich der britische Economist.
       
       ## Geschäfte untereinander schneller abwickeln
       
       Yves Mersch, Mitglied im Exekutivrat der Europäischen Zentralbank,
       [1][analysierte es] nüchterner: Die Technik könne ein „game changer“ sein,
       der etablierte Akteure zu Übernahmekandidaten oder komplett überflüssig
       macht. Duncan McCann, Analyst der britischen New Economics Foundation, hat
       einen passenden Vergleich: „Das ist ein wenig wie das Internet, als der
       Browser erfunden wurde“, sagte er der taz.
       
       Bis zu 80 Milliarden Dollar geben Finanzinstitute im Jahr aus, um ihre
       Geschäfte untereinander abzuwickeln. Der Zahlungsverkehr wird mit Systemen
       wie Vocalink Visa, Mastercard oder Swift abgewickelt, an denen wiederum
       Banken beteiligt sind, die damit sehr viel Geld verdienen. Blockchains
       dürften diese Systeme langfristig komplett umkrempeln – oder überflüssig
       machen.
       
       Das Konsortium um die Deutsche Bank will aber keine Alternative zur
       Digitalwährung wie dem Bitcoin schaffen. Das System soll vielmehr
       eingesetzt werden, damit Banken ihre Geschäfte untereinander schneller und
       billiger abwickeln können. Wertpapiere werden derzeit in Europa etwa von
       Clearstream, einer Tochter der Deutschen Börse, verwahrt.
       
       ## Keine Parallelwährung
       
       Verkauft jemand Aktien, ist Clearstream der neutrale Dritte, der die
       Zahlungsein- und ausgänge bestätigt. Und so dafür sorgt, dass Käufer
       wirklich zahlen und Verkäufer wirklich liefern. Wie viel Personal damit bei
       der Deutschen Bank beschäftigt ist und wie viele davon ihren Job verlieren
       könnten, das sei derzeit kein Thema, sagte ein Sprecher.
       
       Analyst McCann sieht bei dem Vorstoß der Banken zwei Probleme: Das eine ist
       die Frage, wie die Finanzaufsichten die Geschäfte kontrolliert. Jeder
       Online-USC soll mit echten Euro oder Dollar abgesichert sein. Deshalb
       entstehe hier keine Parallelwährung ohne Zugriff der Zentralbanken, die die
       Geldmenge steuert, betont ein Sprecher der Deutschen Bank.
       
       Das zweite Problem ist: „Die Idee von Digitalwährungen war, das Oligopol
       der Banken im Zahlungswesen zu durchbrechen“, sagt McCann. Doch genau die
       fangen jetzt an, die Technik aufzukaufen.
       
       24 Aug 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2016/html/sp160425_2.en.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
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