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       # taz.de -- Olympiasiegerin Caster Semenya: Die glückliche Heimkehrerin
       
       > In Südafrika steht man hinter Olympiasiegerin Caster Semenya, sie wird
       > gefeiert. Wegen hoher Testosteronwerte ist sie umstritten.
       
   IMG Bild: Angekommen: Caster Semenya nach ihrem Olympiasieg in Rio
       
       Einen Heldenempfang bereiten südafrikanische Fans dem Sportstar Caster
       Semenya bei ihrer Ankunft am Johannesburger Flughafen am Dienstag. Die
       Goldmedaillengewinnerin ließ sich nach Ende der Spiele in Rio gebührend
       feiern. Eine große Anhängerschar jubelte der 25-jährigen Athletin zu, die
       gleich mit strahlendem Lächeln ihre Goldmedaille an ihre Ehepartnerin
       überreichte.
       
       Die schnellste 800-Meter-Läuferin der Welt genoss die Huldigung, posierte
       für Selfies mit ihren Teamkameraden und den Fans. Locker und freudig winkt
       sie in die Kameras. Das Land stand noch nie so vereint hinter der Athletin,
       die wegen ihrer hohen Testosteronwerte anhaltend für Debatten um die
       Regelung in der Leichtathletik sorgt.
       
       Semenyas Sieg im Finale über 800 Meter war in Südafrika mitten in der Nacht
       am vergangenen Samstag übertragen worden. Viele Zuschauer hatten sich den
       Wecker gestellt, um die junge Sportlerin im Wettkampf um die Goldmedaille
       siegen zu sehen. Auch ihre Familie im kleinen Dorf Ga-Masehlong in der
       Provinz Limpopo schaute zu. Ihre Großmutter, Maputhi Segala, war
       zuversichtlich, dass Caster „wieder allen davonrennen würde“, wie sie einem
       lokalen TV-Sender sagte. Die Gemeinde und Politiker der Provinz
       organisieren nun ein Fest zu Ehren ihrer Sportlerin.
       
       Südafrikaner aller Hautfarben haben die junge Schwarze verteidigt, als sie
       weltweit angegriffen und ihr männliches Aussehen diskutiert wurde. Ihr
       Start in Rio erschien vielen fragwürdig, weil sie mehr Testosteron
       produziert als andere Frauen und als Hermaphrodite gilt.
       
       In Südafrika hingegen waren die Medien voller positiver Artikel und auf
       Twitter zirkulierten sofort nach ihrem spektakulären Sieg die
       Jubelnachrichten, gepaart mit Stolz auf die südafrikanische Leistung.
       Populär war auch die Twitterkampagne #HandsOffCaster, in der Südafrikaner
       die Sportverbände angeprangerten, die die Läuferin immer wieder
       Untersuchungen unterziehen wollten.
       
       Auch der eigene Leichtathletikverband (ASA) hatte der damals 18-Jährigen
       kurz nach ihrem ersten Sieg 2009 bei der Weltmeisterschaft in Berlin ein
       Startverbot ausgesprochen. Man wollte auf die Entscheidung des Weltverbands
       IAAF warten. Semenya war damals 800-Meter-Weltmeisterin geworden. Die
       folgenden Geschlechtstests zogen sich über elf Monate hin.
       
       ASA-Präsident Leonard Chuene räumte später Fehlverhalten ein. Er hatte die
       Empfehlungen der Teamärzte, Semenya in Berlin nicht starten zu lassen,
       nicht beachtet. Er dementierte, es habe einen Geschlechtstest gegeben.
       Chuene wollte ihr nicht die Chance nehmen, der Welt ihr Talent zu zeigen.
       Doch es kamen nun öffentliche Zweifel an der Weiblichkeit der Sportlerin
       auf. Als Semenya zunehmend diskriminiert wurde, gab es Proteste in
       Südafrika.
       
       2010 durfte sie wieder an den Start gehen, 2011 führte dann die IAAF eine
       Obergrenze für Testosteron in Frauenwettbewerben ein. Semenya sollte sich
       einer Hormontherapie unterziehen. Ihre Leistungen fielen ab. Erst 2015
       kippte der Sportsgerichtshof CAS den Testosteron-Paragrafen. Es fehlten
       Beweise, ob Testosteron als Indikator ausreicht, jemanden als Mann oder
       Frau zu klassifizieren.
       
       Die Südafrikanerin lief nun wieder zu Höchstform auf. Auch wenn der Trainer
       widerspricht, glauben viele, dass ihre neuen Erfolge dem Absetzen des
       Paragrafen zu verdanken ist. Semenya schweigt dazu – es gehe doch um die
       Vereinigung aller Menschen im Sport. „Ich hoffe, dass mein Erfolg die
       Kinder in meinem Land motiviert.“
       
       25 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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