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       # taz.de -- „Identitäre“ heischen nach Aufmerksamkeit: Rechte kapern kurzzeitig Quadriga
       
       > 15 Neurechte hissen Slogans auf dem Brandenburger Tor. „Typische Aktion“,
       > sagt die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus.
       
   IMG Bild: Das war's dann: Polizisten stellen Identität der rechten Quadriga-“Besetzer“ fest
       
       Berlin taz | Die kurzzeitige „Besetzung“ des Brandenburger Tors durch
       Aktivisten der „Identitären Bewegung“ am Samstag ist nach Einschätzung der
       Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) eine typische Aktion der
       Neurechten. „In Berlin haben wir es nur mit einer kleinen Gruppe von rund
       15 Personen zu tun, die aber mit öffentlichkeitswirksamen Provokationen auf
       sich aufmerksam macht“, sagte die Leiterin des MBR, Bianca Klose, am
       Sonntag der taz.
       
       Am späten Samstagvormittag waren etwa 15 Personen mit einer Leiter auf das
       Dach des Brandenburger Tors geklettert und hatten direkt unter der Quadriga
       ein Banner der „Identitären Bewegung“ gehisst sowie eines mit dem Slogan
       „Sichere Grenzen – sichere Zukunft“. Wie ein Polizeisprecher am Sonntag der
       taz erklärte, hatten sich die Rechten über den öffentlich zugänglichen
       „Raum der Stille“ Zugang zum Dach verschafft, indem sie einen Wachmann der
       privaten Sicherheitsfirma, die dort tätig ist, aussperrten.
       
       Wie es einer 15-köpfigen Gruppe, ausgerüstet mit einer großen Leiter,
       Fahnen und Transparenten gelingen konnte, trotz Sicherheitsbewachung so
       weit zu kommen, konnte der Polizeisprecher nicht sagen. Vize-Senatssprecher
       Bernhard Schodrowski erklärte am Sonntag, das Sicherheitskonzept am
       Brandenburger Tor solle nun überprüft werden. Die Senatskulturverwaltung
       werde dazu umgehend das Gespräch mit der landeseigenen
       Immobilienmanagement-Gesellschaft suchen, die das Bauwerk betreut.
       
       Die Aktion am Samstag war nach einer knappen Stunde vorbei. Die Polizei
       holte die Leute herunter, nahm ihre Personalien auf. Gegen sie wird nun
       wegen Hausfriedensbruchs, Nötigung und Verstoßes gegen das
       Versammlungsgesetz ermittelt.
       
       ## Vom Verfassungsschutz beobachtet
       
       Die „rechtsextreme Jugendbewegung“, wie der MBR die „Identitären“ in einer
       aktuellen Analyse auf seiner Webseite beschreibt, versuche, „völkische
       Gesellschaftskonzeptionen durch modern aufgemachte Inszenierungen zeitgemäß
       erscheinen zu lassen“. Sie entstand Anfang des Jahrtausends in Frankreich.
       In Anlehnung an Alain de Benoist, den französischen Vordenker der Neuen
       Rechten, propagieren die „Identitären“ das kulturrassistische Konzept des
       „Ethnopluralismus“.
       
       In Deutschland ist die Gruppe seit 2012 aktiv, zunächst vorwiegend im
       Internet. Seit 2014 wird die Berliner Sektion offiziell vom
       Verfassungsschutz beobachtet. Hier rekrutiere sie sich „nicht aus der
       klassischen Neonazi-Szene, sondern eher aus dem Burschenschaftsspektrum,
       manche sind auch Mitglied bei der AfD-Jugendorganisation“, so Klose vom
       MBR.
       
       Seit 2015 tritt die Berliner Gruppe relativ kontinuierlich mit
       Provokationen an die Öffentlichkeit. „Sie sind stets nach einem ähnlichen
       Muster choreografiert“, so der MBR: Eine überschaubare Zahl von Personen
       tauche an symbolisch aufgeladenen Orten auf und verschwinde schnell wieder.
       Über Facebook und Twitter würden die Aktionen ausführlich auf- und
       nachbereitet.
       
       ## Immer dasselbe Muster
       
       So war es etwa im Juni vorigen Jahres bei der nur wenige Minuten dauernden
       „Besetzung“ der SPD-Zentrale im Willy-Brandt-Haus. Oder im August 2015, als
       sie Zelte vor dem Schloss Bellevue aufstellten. Im Mai 2016 malten
       „Identitäre“ nachts im Görlitzer Park großflächig rassistische Sprüche auf
       den Boden. Die jetztige Aktion, so die Gruppe auf ihrer Facebookseite, sei
       „ein deutliches Zeichen gegen die verfehlte Politik der Bundesregierung“,
       die „im Zuge der Migrationskrise völlig versagt“ habe.
       
       Das sehen viele BerlinerInnen offenkundig anders. Nach Medienberichten
       kommentierten zahlreiche Passanten am Pariser Platz die Aktion mit „Nazis
       raus“-Rufen und zeigten den Rechten den Stinkefinger.
       
       28 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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