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       # taz.de -- Abschied von Bastian Schweinsteiger: Die letzte Bühne
       
       > „Schweini“ wird Mittwochabend im Freundschaftsspiel gegen Finnland
       > würdevoll verabschiedet. Und damit ist der 32-Jährige hochzufrieden.
       
   IMG Bild: Bastian Schweinsteiger nach seinem Treffer für die Nationalelf gegen die Ukraine bei der EM 2016 in Frankreich
       
       DÜSSELDORF taz | Es war eine Randnotiz damals, am 6. Juni 2004, als ein Typ
       mit blonden Haarsträhnen im elitären Zirkel auftauchte. Aber natürlich hat
       Bastian Schweinsteiger nicht vergessen, wie es damals beim ersten Mal für
       ihn war, als die deutsche Nationalmannschaft eine EM-Generalprobe grandios
       in den Sand setzte. „Ich weiß es noch genau: Ich kam zur Halbzeit gegen
       Ungarn rein, aber wir haben 0:2 verloren.“ Der einstige Teamchef Rudi
       Völler hatte den jungen Bayern-Profi gegen die von Lothar Matthäus
       trainierten Magyaren für Andreas Hinkel gebracht. Später durfte auch ein
       gewisser Lukas Podolski debütieren.
       
       Das Länderspiel am Betzenberg hatte unter dem Motto „50 Jahre Wunder von
       Bern“ gestanden, doch damals rumpelte der deutsche Fußball so kräftig, dass
       wenige Wochen später die EM im Desaster endete. Die Mitspieler von
       „Schweini“ und „Poldi“, deren Kosenamen erst mit der WM 2006 Kultstatus
       erreichten, hießen Jens Nowotny und Dietmar Hamann, Fredi Bobic oder Frank
       Baumann. Was allein belegt, welche Epoche in Mönchengladbach beim
       Freundschaftsspiel gegen Finnland (Mittwoch, 31.8., 20.45 Uhr/live ZDF)
       endet.
       
       „Es waren wunderbare Jahre, und ich empfinde tiefe Dankbarkeit für diese
       Zeit“, sagte Schweinsteiger, der am Dienstag im ersten Stock eines
       Düsseldorfer Autohauses vor seinem Abschiedsspiel aufgeräumt Bilanz zog.
       Den Fußball habe er immer geliebt – bis auf den Moment, als er im
       Champions-League-Finale 2012 in München einen entscheidenden Strafstoß
       vergab. Im Jahr darauf den Henkelpott zu holen und 2014 Weltmeister zu
       werden, gab Schweinsteiger die Gelassenheit, seine Demission offen zu
       erklären.
       
       „Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich bei der WM 2018 mit derselben
       Leidenschaft voll angreifen kann. Die ehrliche Antwort lautet Nein.“ Der
       32-Jährige geht lieber erhobenen Hauptes. Denn auch Joachim Löw hat
       gegenüber Schweinsteiger und Podolski trotz salbungsvoller Worte
       klargestellt, wie nötig der Umbruch sei. Sein Anführer konnte bei der EM in
       Frankreich nur mühevoll kaschieren, dass der Zahn der Zeit zu sehr an ihm
       nagt. Schweinsteiger hätte statt bislang 120 auch 175 Länderspiele
       bestreiten können, wäre er immer dabei gewesen. „Manchmal muss sich der
       Körper von den Verletzungen erholen.“
       
       ## „Weiß nicht, wie sich das neue Leben anfühlt“
       
       Die vielen Schlachten – die größte im WM-Finale vor zwei Jahren in beinahe
       kriegerischer Pose – haben vor allem Sprunggelenk und Knie derart
       zugesetzt, dass Anhänger bei jedem Zweikampf zittern, in den sich
       Schweinsteiger wagt. Vielen direkten Duellen ging er in jüngerer
       Vergangenheit schon vorsichtshalber aus dem Wege, weshalb auch sein neuer
       Vereinstrainer José Mourinho bei Manchester United keine Verwendung für ihn
       findet.
       
       Der Spind beim englischen Renommierverein soll längst ausgeräumt sein, aber
       der Deutsche weigert sich, innerhalb Europas irgendwohin zu flüchten.
       Schweinsteiger erneuerte gestern seine trotzige Haltung. „Ich habe im
       EM-Halbfinale mitgespielt. Wenn ich eine faire Chance bekomme, glaube ich
       an meine Fähigkeiten. Es ist mein Traum, noch einmal für ManU zu spielen.“
       Er habe kein Problem mit Mourinho, vielmehr habe er „einen respektvollen
       Austausch“ geführt. Der Nachsatz, er werde nicht aufhören, „Fußball zu
       spielen“, und bis „September, Oktober“ abwarten, ließ allerdings
       aufhorchen. Weil das Transferfenster für die Major League Soccer (MLS)
       schon geschlossen ist, kommt ein Winterwechsel in die USA in Betracht.
       „Amerika ist eine Option“, verriet Schweinsteiger, „falls es so weit ist.“
       
       Zumal sich das auch fürs Privatleben bei dem mit der Tennisspielerin Ana
       Ivanovic liierten Fußballstar bestens arrangieren ließe. Nicht undenkbar,
       dass irgendwann auch der FC Bayern einen Posten für seine verdiente
       Identifikationsfigur freiräumt. Was die Zukunft bringt („ich weiß noch
       nicht, wie sich das neue Leben anfühlt“), ließ der gebürtige Bayer freilich
       offen.
       
       Erst einmal wird er am Mittwoch die Mannschaft mit der Kapitänsbinde auf
       den Platz führen und dann so lange mitmachen, wie die Luft reicht. „Gute
       Läufer“ brauche er an seiner Seite, verriet der im olivgrünen T-Shirt
       erschienene Hauptdarsteller spaßeshalber. Ernst gemeint war an die
       nachrückende Generation indes dieser Hinweis: „Sie dürfen die Grundgesetze
       des Fußballs nicht verraten und unsere Tugenden nicht verlieren, deswegen
       wird der deutsche Fußball im Ausland so geschätzt.“ Eben wegen Typen wie
       Bastian Schweinsteiger.
       
       31 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
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