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       # taz.de -- Kommentar Minigipfel zur EU-Krise: Merkels flotter Dreier
       
       > Das Treffen der Kanzlerin mit Matteo Renzi und François Hollande
       > suggeriert Aufbruch. Dabei tut Merkel so, als hätte es den Brexit nie
       > gegeben.
       
   IMG Bild: Viel Wind gemacht: Renzi, Merkel und Hollande
       
       Fast zwei Monate sind [1][seit dem Brexit-Votum] vergangen. Doch Europa
       weiß immer noch nicht, wie es nach dem britischen Nein weitergeht. Bricht
       die Europäische Union auseinander? Oder reißt eine neue Führung das Ruder
       herum und rettet die EU?
       
       Kanzlerin Angela Merkel [2][bemüht sich in diesen Tagen] um eine Antwort.
       Ein erstes Treffen mit Ratspräsident Donald Tusk in Berlin verlief ohne
       Ergebnis. Umso größer waren deshalb die Erwartungen an den Dreiergipfel mit
       Italien und Frankreich. Doch sie wurden enttäuscht. Das Treffen am Grab des
       Antifaschisten Altiero Spinelli und die Pressekonferenz auf dem
       Flugzeugträger „Giuseppe Garibaldi“ war reich an Symbolen, jedoch arm an
       Substanz. Der Kurs der EU bleibt weiter unklar.
       
       Merkel ließ die von Gastgeber Matteo Renzi gewählten Symbole links liegen.
       Sie wollte kein Bekenntnis zu den Vereinigten Staaten von Europa abgeben,
       die Spinelli einst visionär entworfen hatte. Mehr Europa, eine föderale EU?
       Für Merkel kein Thema. Auch eine europäische Streitmacht bleibt tabu. Dass
       Renzi sie auf das Flaggschiff der EU-Mission „Sophia“ gelockt und für mehr
       Militärmissionen geworben hatte, prallte an Merkel ab. Nur beim
       Grenzschutz, also bei der Flüchtlingsabwehr, will sie mehr tun.
       
       Doch selbst das bleibt vage – wie alles, was Merkel bei diesem Dreiergipfel
       sagte. Überraschend ist das nicht. Denn die Kanzlerin hat keinen Plan. Der
       Brexit hat sie kalt erwischt, der Verlust ihres Buddys David Cameron hat
       sie schwer getroffen. Zusammen mit Cameron hat Merkel das EU-Budget gekürzt
       und Brüssel auf Wettbewerbsfähigkeit und Freihandel eingeschworen. Nun
       steht sie allein im deutschen Europa und muss französisch-italienische
       Forderungen nach einem Kurswechsel abwehren.
       
       ## Weitere Reisen nach Estland, Tschechien und Polen
       
       Der Kurztrip nach Neapel hatte denn auch vor allem den Zweck, Renzi und
       Hollande auszubremsen. Seit langem versuchen Italiener und Franzosen, eine
       Alternative zum neoliberalen deutschen Kurs zu formulieren. Unverhohlen
       fordert Renzi mehr Macht für Rom. Das will Merkel abwehren. Sie wählt die
       Umarmungstaktik, geht auf Renzi und Hollande zu, lässt sich aber nicht auf
       ihre Ideen ein. Sie legt einen flotten Dreier mit Italien und Frankreich
       hin, will aber kein neues Führungstrio bilden.
       
       Warum auch? Renzi und Hollande sind zu schwach, um Europa zu neuen Ufern
       führen zu können. Dem Italiener steht ein Referendum, dem Franzosen eine
       Präsidentschaftswahl bevor, beide könnten darüber stürzen. Merkel hingegen
       sitzt fest im Sattel. Und so plant sie schon die nächsten Reisen – nach
       Estland, Tschechien und Polen. Auch dort wird sie versuchen, einen
       Kurswechsel abzuwehren und den Status quo zu verteidigen. Alles soll
       weitergehen wie bisher, als hätte es den Brexit nie gegeben.
       
       Europa bringt das nicht voran. Aber das scheint Merkel nicht zu scheren.
       Erst nach der Bundestagswahl in einem Jahr will sie – vielleicht – ein paar
       EU-Reformen wagen. Bis dahin soll das Ancien Régime weitergehen.
       Schließlich ist es ihr Regime. Der Rest ist Show.
       
       23 Aug 2016
       
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