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       # taz.de -- G20 und Klimawandel: Sechsfaches Tempo nötig
       
       > Eine Studie zeigt, wie die G20 ihre Klimaversprechen halten können:
       > Subventionen streichen, Gelder umlenken, keine neuen Kraftwerke.
       
   IMG Bild: Der Anteil von Kohle am Strommix ist noch zu hoch: Kohlekraftwerk in China
       
       Berlin taz | Die schwierigste Forderung an den Club der großen
       Wirtschaftsmächte zum Klimaschutz kommt von der G20 selbst: Die
       „ineffizienten Subventionen auf fossile Brennstoffe mittelfristig zu
       eliminieren“. Die G20 haben das bereits 2009 beschlossen, aber immer noch
       fließen jedes Jahr etwa 550 Milliarden Dollar weltweit an direkten und
       indirekten Subventionen in Öl, Kohle und Gas. Deshalb forderte der
       US-Thinktank World Resources Institute (WRI) vom G20-Gipfel im chinesischen
       Hangzhou, spätestens 2025 sollten diese Zahlungen beendet werden – wie es
       bereits die USA, Kanada und Mexiko beschlossen haben.
       
       Aber damit nicht genug. Die Führer der 20 größten Wirtschaftskräfte, die
       für 66 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und 75 Prozent der
       Treibhausgase verantwortlich sind, sollten auch deutlich machen, dass sie
       sich dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz und den „nachhaltigen
       Entwicklungszielen“ aus dem letzten Jahr verpflichtet fühlen: Der Gipfel
       biete „die perfekte Gelegenheit, anzuerkennen, was bereits geschieht“,
       schreibt das WRI: In den letzten zwei Jahren ist die Weltwirtschaft
       gewachsen, ohne dass die CO2-Emissionen aus dem Energiesektor zugenommen
       hätten. Jetzt sollten sich die G20 dazu durchringen, die Risiken für
       Investitionen in dreckige Industrien deutlicher zu benennen und schnell das
       Pariser Klimaabkommen ratifizieren.
       
       Die G20 könnten und sollten aber noch viel mehr für den Klimaschutz tun,
       fordert eine neue Studie von Climate Transparency. Bis 2018 sollten alle
       Länder Pläne vorlegen, wie sie bis 2050 aus der Verwertung fossiler
       Brennstoffe aussteigen wollen – bisher gibt es das nur von etwa der Hälfte
       der Länder. Außerdem sollten sie CO2-Preise für ihre Volkswirtschaften
       einführen und deutlich mehr Geld in Öko-Energien stecken.
       
       Die Anstrengungen zum Klimaschutz bei den großen Verschmutzerländern der
       G20 müssten deutlich verstärkt werden, wenn der Klimawandel unter 2 Grad
       Celsius bleiben solle, schreibt die Gruppe von Experten aus
       Umweltverbänden, Forschungsprojekten und Thinktanks: „Die G20 zusammen
       müssen bis 2030 ihre Emissionen um weitere 85 Prozent reduzieren – das
       Sechsfache der Anstrengungen, die sie die bisher versprochen haben.“
       
       Eines geht daher aus Sicht der Experten gar nicht: Weiter Kohlekraftwerke
       zu bauen, wie es vor allem die G20-Mitglieder China, Indien, die Türkei,
       Indonesien, Japan, Südkorea und auch die EU vorhaben. Insgesamt 900
       Gigawatt an Kohlekraft sind derzeit geplant, auch wenn weitere Pläne für
       650 Gigawatt bereits zurückgezogen wurden. Aber „wenn nur ein kleiner Teil
       der geplanten Kohlekraftwerke gebaut werden“, warnt Climate Transparency,
       „würde es praktisch unmöglich, den Temperaturanstieg auf 2 oder 1,5 Grad zu
       begrenzen.“
       
       ## 3 Tonnen pro Kopf verringern
       
       Pro Kopf sind die Emissionen in den Ländern in der letzten Zeit zwar kaum
       noch gestiegen, loben die Experten in ihrer Studie „Brown to Green“. Doch
       mit dem Durchschnitt von 5,7 Tonnen pro Kopf im Jahr lägen die Länder noch
       weit von den 1 bis 3 Tonnen entfernt, die 2050 pro Person noch möglich
       seien, wenn der Klimawandel nicht aus dem Ruder laufen soll. Auch werde
       Energie effizienter eingesetzt, aber diese Erfolge werden durch das
       Wachstum wieder aufgefressen.
       
       Die Erneuerbaren sind eine „Erfolgsgeschichte“, aber der Anteil der Kohle
       am Strommix bleibe hoch – in Südafrika (69 Prozent), China (68), Indien
       (45), Australien (37) und Deutschland (26). Zwar flossen in den letzten
       beiden Jahren mit 260 Milliarden Dollar weltweit doppelt so viele
       Investitionen in grüne Energien wie in Öl und Kohle, aber grundsätzlich
       wird viel zu wenig Geld in neue Energieversorgung gesteckt, moniert der
       Bericht: Für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels müssten sich diese
       Investitionen bis 2035 „etwa verdoppeln“.
       
       Lob gibt es für einzelne Länder aber auch: Für Frankreich wegen des
       Paris-Abkommens, Deutschland wegen seines Einsatzes für die
       „Dekarbonisierung“ beim G7-Gipfel von 2015. China und Indien bekommen gute
       Noten für ihre heimischen Versuche, von der dreckigen Energie wegzukommen.
       Am unteren Ende dagegen stehen die Türkei, Japan und Italien als die
       „braunsten Länder“ mit den geringsten Ambitionen im Klimaschutz.
       
       6 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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