# taz.de -- Kommentar Rechtspopulismus: Europa, der hässliche Kontinent
> Den jordanischen UN-Hochkommissar für Menschenrechte gruselt es wegen der
> Rechtspopulisten in Europa. Kann man es ihm verdenken?
IMG Bild: „Die Stimmung wird düster mit Hass“: Seid Ra’ad al-Hussein ist nicht optimistisch
Manchmal hilft der schonungslose Blick von außen. Ausgerechnet ein
Jordanier hält Europa den Spiegel vor – und liest dem Rechtspopulismus die
Leviten. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra’ad al-Hussein,
[1][sieht Parallelen zwischen europäischen Populisten und dem „Islamischen
Staat“]; er warnt vor „Lügen und Halbwahrheiten, Manipulationen und
Angstmache“ und prophezeit: „Die Stimmung wird düster mit Hass.“
Es ist reiner Zufall, dass diese Brandrede zwei Tage nach den Wahlen in
Mecklenburg-Vorpommern kommt, und Deutschland wird darin nicht erwähnt.
Aber dieser Zufall sollte Deutschland aufrütteln. 20 Prozent für
Rechtspopulisten sind anderswo in Europa längst Normalität. In Österreich
dürfte in vier Wochen die FPÖ die Präsidentenwahl gewinnen, in den Umfragen
zur niederländischen Parlamentswahl in einem halben Jahr liegt Geert
Wilders vorn, in denen zu Frankreichs Präsidentenwahl zwei Monate später
Marine Le Pen. Das reaktionäre Denken triumphiert, und nicht von ungefähr
sieht Seid dessen Wurzeln auch in den Balkankriegen mit ihren „ethnischen
Säuberungen“, deren Täter bis heute in Belgrad an der Macht sind.
Wenn Europäer heutzutage auf die arabische und islamische Welt schauen,
sehen sie religiöse Fanatiker und gruseln sich. Nun blickt ein arabischer
UN-Verantwortlicher auf Europa und gruselt sich ebenfalls. Kann man es ihm
verdenken? Das hässliche Europa ist nicht nur das Europa von Wilders und Le
Pen. Es ist auch das Europa, das Flüchtlinge im Meer ertrinken lässt, das
Menschen fremder Herkunft die Bürgerrechte verweigert, das seine Grenzen
für Menschen mit dunkler Hautfarbe längst dicht gemacht hat und das fremden
Kulturen die Sittenpolizei auf den Hals hetzt. Europa staunt über Donald
Trump, aber er ist nur die überdrehte Karikatur der neuen europäischen
Normalität.
Die junge Generation in den syrischen Flüchtlingslagern und den Slums von
Afrika hat keine Grundlage mehr für ein positives Europabild. Sie erfährt
Abweisung und Überheblichkeit seitens eines kleinen Kontinents, der sich
für den Nabel der Welt hält, während das Weltgeschehen zunehmend
vorbeirauscht.
Irgendwann wird Europas Problem nicht mehr sein, dass zu viele Flüchtlinge
kommen. Sondern dass überhaupt niemand mehr herkommen will.
6 Sep 2016
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DIR Dominic Johnson
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