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       # taz.de -- Klimaplan der Bundesregierung für 2050: X Ansagen ausgeixt
       
       > Die Regierung verwässert den Klimaplan immer weiter. Konkrete Daten für
       > Ökoenergie, Verkehr oder Landwirtschaft wurden gestrichen.
       
   IMG Bild: Das Windrad macht auch fast beim X mit
       
       Berlin taz | Die Bundesregierung hat ihrer Strategie für mittelfristigen
       Klimaschutz erst einmal die Zähne gezogen. Im „Klimaschutzplan 2050“, den
       das Bundesumweltministerium derzeit mit den anderen Ressorts abstimmt,
       wurden entscheidende Passagen verwässert, umstrittene Formulierungen
       gestrichen und konkrete Daten und Forderungen durch Leerstellen ersetzt. Wo
       in den bisherigen Entwürfen teilweise ambitionierte Ziele standen, findet
       sich in dem 70-seitigen Plan nun häufig ein „xxx“.
       
       Das bedeutet: Um diese Zahlen wird gekämpft. So sollte bisher die Windkraft
       am Land jährlich um 2,5 Gigawatt ausgebaut werden – jetzt: xxx. Neue
       Gebäude sollten ab 2030 nicht mehr als 30 Kilowattstunden Energie im Jahr
       verbrauchen, Autos 45 Prozent weniger Klimagift ausstoßen, in der
       Landwirtschaft pro Hektar nicht mehr als 50 Kilo Stickstoffüberschuss
       akzeptiert werden: Jetzt steht dort überall: xxx. Ganz verschwunden ist die
       Vorgabe, ab 2030 nur noch Autos ohne Verbrennungsmotor und Heizungen ohne
       Gas oder Ölfeuerung zuzulassen. Auch die Ideen, für den Klimaschutz den
       Tierbestand zu reduzieren und weniger Fleisch zu essen, taucht nicht mehr
       auf.
       
       Die Streichungen sind der Preis dafür, dass der vor allem bei Teilen der
       Wirtschaft und der CDU/CSU umstrittene Klimaschutzplan überhaupt den
       anderen Ressorts vorgelegt werden kann. Im Frühjahr hatte bereits das
       Wirtschafts- und Energieministerium in dem Entwurf herumgestrichen. Seitdem
       fehlen dort konkrete Daten zum Ausstieg aus der Kohle. Nun wurden weitere
       kritische Punkte im Bundeskanzleramt entfernt.
       
       Das Konzept betont, es sei „als Prozess angelegt“ und werde regelmäßig
       überprüft und angepasst. Ziel sei es, das deutsche Energiesystem bis 2050
       „vollständig zu dekarbonisieren“, also aus Kohle, Öl und Gas auszusteigen.
       Ein früher Strukturwandel diene der Wettbewerbsfähigkeit, steht im Text:
       „Dekarbonisierung heißt nicht Deindustrialisierung.“
       
       Bis 2030 sollen die Emissionen von Klimagasen gegenüber 1990 in allen
       Bereichen um mindestens 55 Prozent sinken, bis 2040 um 70 Prozent. Erreicht
       sind bisher etwa 28 Prozent.
       
       Der Klimaschutzplan 2050 versucht, die politischen Konflikte zu
       entschärfen: Statt eines Datums für den Ausstieg aus der Braunkohle sieht
       er eine Kommission vor, die bis 2018, also nach den Wahlen in NRW und im
       Bund, eine Perspektive für das Ende der Braunkohle und die Zukunft dieser
       Regionen erarbeiten soll. Statt eines „dynamischen Ausbaus der
       Erneuerbaren“, der gebraucht wird, um Industrie und Verkehr auf Ökostrom
       umzustellen, spricht er nur noch vom „Strukturwandel in der
       Energiewirtschaft“.
       
       Das Konzept sei „eine gute Grundlage für die Dekarbonisierung
       Deutschlands“, sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) gegenüber
       der taz. Sein Ministerium werde in den Gesprächen mit den anderen Ressorts
       an seinen Zahlen festhalten.
       
       Die grüne Klimapolitikerin Annalena Baerbock dagegen kritisierte, der
       Klimaschutzplan sei „als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
       Wer er nicht schafft, von neuen Kohlekraftwerken Abstand zu nehmen, dem
       kann es mit dem Klimaschutz nicht ernst sein.“
       
       Und Martin Hofstetter von Greenpeace merkte an, dass mit den Themen
       Ernährung, Tierhaltung und Stickstoff genau die Bereiche gestrichen wurden,
       „die erst letzte Woche die wissenschaftlichen Beiräte des
       Landwirtschaftsministeriums favorisiert haben.
       
       7 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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