# taz.de -- 25 Jahre Wuppertal-Institut: Utopie möglich machen
> Das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie arbeitet auch an einer
> Ökologisierung der Wirtschaft. Viele seiner Ideen galten als utopisch.
IMG Bild: Auch für McDonald's hat das Wuppertal-Institut schon eine Nachhaltigkeitsanalyse erstellt
Wuppertal taz | „Making Utopia possible“ lautet das Motto des Jubiläums des
Wuppertal-Instituts, das in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen feiert.
„Viele Ideen, die am Wuppertal-Institut in den Anfangsjahren entwickelt
wurden und damals visionär erschienen, haben inzwischen Fuß gefasst“, sagt
der heutige Institutspräsident, der Wirtschaftswissenschaftler Uwe
Schneidewind. „Man denke nur an die Energiewende, die vor Fukushima
unerreichbar schien.“
Vor allem beim ökologischen Blick auf die Ressourcen, mit denen die
Unternehmen umgehen, hat das Institut Maßstäbe gesetzt. Weizsäckers „Faktor
4“, der durch bessere Effizienz doppelten Wohlstand bei halbiertem
Naturverbrauch versprach, gilt heute als Ökoklassiker. Mehr als ein Viertel
der gegenwärtigen Forschungsprojekte mit 220 Beschäftigten gelten
wirtschaftsbezogenen Fragestellungen, berichtet Schneidewind: „Wir zeigen
Unternehmen und Wirtschaftsbranchen, wie die Geschäftsmodelle der Zukunft
aussehen können und wie sich etwa die energieintensive Industrie umstellen
muss, um die Ziele der CO-Einsparung erfüllen zu können“.
Der Horizont reicht vom ganz großen Entwurf, wie der
„Dekarbonisierungsstrategie“ für Deutschland, das in 2050 ohne fossile
Brennstoffe auskommen kann, bis zu Konzepten des Regionalwandels, so des
wirtschaftlichen „Turnarounds“ der Braunkohleregion Lausitz – ein Gutachten
im Auftrag der Brandenburger Grünen.
Keine Berührungsangst hat das WI auch vor untypischen Partnern. So wurde im
letzten Jahr für McDonald’s eine Nachhaltigkeitsanalyse erstellt. Die
Beziehung zur rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf sind harmonisch,
nach einer Belastungsphase unter der CDU-Regentschaft, als dem WI wegen
seiner permanent kohlekritischen Haltung der Geldhahn zugedreht werden
sollte. „Das Wuppertal-Institut hat sich mehr denn je als deutschlandweit
führendes Institut transformativer, auf praktische Umsetzung gerichteter
Forschung im Themenbereich Nachhaltige Entwicklung etabliert“, lässt
SPD-Wissenschaftsministerin Svenja Schule die taz wissen.
Zwar sei der Wandel nicht so weit vorangeschritten, dass „der überwiegende
Teil der deutschen Unternehmen nach den Grundsätzen nachhaltigen
Wirtschaftens agiert“. Dennoch biete „der wissenschafts- und praxisbezogene
Ansatz des WI, das sich in sogenannten Reallaboren wie dem Projekt Bottrop
Innovation City auch und gerade mit Unternehmen vernetzt, sehr gute
Voraussetzungen, damit Ergebnisse nicht nur in der Wissenschaft stecken
bleiben“.
Den Großteil seines Umsatzes in Höhe von 15,5 Millionen Euro (2015)
erwirtschaftet das Institut mit externen Forschungsaufträgen, rund 10
Prozent aus der Wirtschaft. Die Grundfinanzierung des Landes NRW liegt bei
4 Millionen Euro. Für die Zukunft hat man sich vorgenommen, sich mehr dem
Thema Mobilität zu widmen. Hier wird ebenfalls eine „Faktor 10“-Lösung
angepeilt: Mit neuen Technologien, wie Autonomen Fahrzeugen, sozialen
„Sharing“-Modellen der Autonutzung und einem Bürgerticket für den ÖPNV hält
es Schneidewind für möglich, langfristig den Autobesatz in Wuppertal auf
ein Zehntel seines heutigen Bestandes zu drücken. Utopisch? In der Stadt
der Schwebebahn wäre es nicht die erste Verkehrslösung, die anfangs für
unmöglich gehalten wurde.
9 Sep 2016
## AUTOREN
DIR Manfred Ronzheimer
## TAGS
DIR Nachhaltigkeit
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