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       # taz.de -- Heldenverehrung auf den Philippinen: Streit um einen toten Diktator
       
       > Der philippinische Präsident Duterte will den verstorbenen Exdiktator
       > Marcos auf dem Heldenfriedhof beisetzen lassen. Der Protest ist groß.
       
   IMG Bild: Imelda Marcos küsst den Glassarg ihres Mannes an dessen Geburtstag vor zehn Jahren
       
       PEKING taz | Es hätte eine pompöse Show werden sollen am nördlichen Zipfel
       der Philippinen. In Ilocos Norte hat der mächtige Clan des dort geborenen
       Exdiktators Ferdinand Marcos bis heute das Sagen. Nicht nur der 99.
       Geburtstag des 1989 in Hawaii verstorbenen und seit 1993 in seiner Heimat
       in einer gekühlten Krypta aufgebahrten Despoten hätte am Sonntag gefeiert
       werden sollen. Sondern auch das von Präsident Rodrigo Duterte für den 18.
       September anberaumte Begräbnis des einstigen Gewaltherrschers auf dem
       Heldenfriedhof in Manila.
       
       Aber es blieb zur Enttäuschung einiger hundert Marcos-Loyalisten nur bei
       der Geburtstagsfeier. Das oberste Gericht der Philippinen hatte bereits
       entschieden, das Begräbnis auf den 18. Oktober zu verschieben.
       
       Die höchsten Richter des Landes brauchen Zeit, um die von Marcos-Gegnern
       eingereichten Petitionen gegen das Heldenbegräbnis zu verhandeln.
       
       Kaum eine Kontroverse wird auf den Philippinen so lange anhaltend und
       derart erbittert geführt wie die, ob der vor 30 Jahren durch die friedliche
       sogenannte Edsa-Revolution gestürzte Despot einen Platz auf dem
       Heldenfriedhof der Hauptstadt verdient hat.
       
       ## Kein Offizier mit weißer Weste
       
       Tausende Gegner gingen in Manila auf die Straße, als der im Mai gewählte
       neue Präsident Rodrigo Duterte – ein guter Freund des inzwischen längst
       wieder einflussreichen Marcos-Clans – erklärte, dass Ferdinand Marcos laut
       Gesetz als ehemaliger Offizier ein Heldenbegräbnis zustände.
       
       De facto stimmt das. Doch übersah Duterte das Kleingedruckte: Nur wer eine
       weiße Weste hat, kann als Nationalheld gelten. Für Marcos trifft das wohl
       kaum zu.
       
       Während seiner Präsidentschaft von 1965 bis 1986 bereicherte er sich
       hemmungslos, es herrschten Korruption und Unterdrückung. Neun Jahre lang
       regierte er davon per Kriegsrecht, ließ Zehntausende Gegner foltern und
       ermorden.
       
       „Ferdinand Marcos ein Heldenbegräbnis zu gewähren ist ungefähr so, als
       würden die USA Al Capone auf ihrem Heldenfriedhof in Arlington beisetzen“,
       erzürnte sich der Politiker und Soziologieprofessor Walden Bello bei einer
       Demonstration. „Nur dass Marcos schlimmer war als Al Capone.“
       
       Trotz Marcos' Vergehen ist seine Familie wieder in Amt und Würden:
       Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr., der Sohn des Exdiktators, ist Senator. Im
       Mai wäre er fast zum Vizepräsidenten gewählt worden.
       
       Seine Schwester Imee ist Gouverneurin von Ilocos Norte, ihre senile
       87-jährige Mutter und Diktatorenwitwe Imelda sitzt im Kongress.
       
       ## Zu jung für die Erinnerung
       
       Ein Grund für das Wiedererstarken des Clans ist die Tatsache, dass ein
       Großteil der philippinischen Bevölkerung so jung ist, dass sie nicht unter
       der Marcos-Diktatur gelitten hat und die Gräueltaten nur vom Hörensagen
       kennt. „Und wir Philippiner vergeben leicht, das liegt in unserer Natur“,
       erklärt die politische Analystin Edna Co.
       
       Präsident Duterte verteidigt seine moralisch fragwürdige Entscheidung
       damit, dass der Streit um Marcos’ letzte Ruhestätte sein Land lange genug
       gespalten habe. Auch habe er das Heldenbegräbnis im Wahlkampf versprochen.
       
       Dass er damit erneut weltweit negative Schlagzeilen produziert und eine
       tiefere Spaltung der Gesellschaft provoziert, ficht Duterte nicht an.
       
       Sein Regierungsstil, vor allem die während seiner noch jungen Amtszeit
       politisch sanktionierte Ermordung von schon mehr als 2.000 mutmaßlichen
       Drogenabhängigen und -dealern, erinnert an die dunklen Jahre unter Marcos.
       
       „Es trifft vor allem die Armen. Die Polizei verbreitet Angst und
       Schrecken“, sagte das Folteropfer Aida Santos bei einer Kundgebung.
       „Genauso war es unter Marcos.“
       
       12 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hilja Müller
       
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