URI: 
       # taz.de -- Auschwitzprozess in Neubrandenburg: Prozess soll nicht mehr stattfinden
       
       > Im Verfahren gegen einen Ex-SS-Mann gilt der Richter als befangen und
       > soll gehen. Die Hauptverhandlung droht nun zu scheitern.
       
   IMG Bild: Könnte davonkommen: Hubert Zafke, undatierte Aufnahme
       
       Neubrandenburg taz | Nach vier Anläufen und mit sechs Monaten Verspätung
       ist am Montag vor dem Landgericht Neubrandenburg die Anklage gegen den 95
       Jahre alten früheren SS-Sanitäter Hubert Zafke verlesen worden.
       
       Dem Angeklagten wird die Beihilfe zum Mord in mindestens 3.681 Fällen
       vorgeworfen, begangen im August und September 1944 im Vernichtungslager
       Auschwitz. Er soll durch seine Tätigkeit den industriellen Massenmord
       unterstützt haben, heißt es in der Anklage.
       
       Erstmals war Zafke selbst im Prozess anwesend. Bisher hatte er sich wegen
       angeblicher Gesundheitsprobleme entschuldigen lassen. Zafke wurde in
       Begleitung eines seiner Söhne im Rollstuhl in das Gericht gebracht.
       
       Der Vorsitzende Richter des Verfahrens behandelte anschließend die Frage
       der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten. Schon 2015 hatte das Gericht in
       Neubrandenburg diese verneint. Erst ein Beschluss des Oberlandesgerichts
       Rostock zwang die Kammer zur Hauptverhandlung. Am Montag gestattete der
       Richter es dem Gutachter nicht, sein Gutachten vorzutragen, aus dem
       hervorgeht, dass Zafke offenbar verhandlungsfähig ist. Vielmehr befragte er
       diesen und suchte nach Widersprüchen.
       
       Die Nebenkläger und, höchst ungewöhnlich, auch die Staatsanwaltschaft
       beantragten, den Richter wegen Befangenheit abzulehnen. Dabei kam auch zur
       Sprache, dass der Richter im März diesen Jahres den Angeklagten zu Hause
       besucht hatte. Eine entsprechende dienstliche Eintragung in die
       Prozessakten verweigert der Richter bis heute.
       
       Man habe jede Hoffnung aufgegeben, mit ihm jemals zu einer Hauptverhandlung
       zu kommen, „die nicht zur Farce verkommt“, heißt es in einer Erklärung der
       Nebenkläger. Die Kammer muss nun ohne Beteiligung des Richters über diesen
       Antrag entscheiden.
       
       13 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Auschwitz
   DIR Schwerpunkt Nationalsozialismus
   DIR Neubrandenburg
   DIR Auschwitz-Prozess
   DIR Auschwitz-Prozess
   DIR Auschwitz
   DIR Auschwitz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Petition der Woche: Ein Richter unter Verdacht
       
       Der Prozess gegen einen 96-jährigen SS-Sanitäter zieht sich seit zwei
       Jahren hin. Ist der Richter befangen? Ein offener Brief kritisiert seine
       Praxis.
       
   DIR Auschwitz-Prozess in Neubrandenburg: Befangenheit des Gerichts abgelehnt
       
       Dem Richter Klaus Kabisch war vorgeworfen worden, eine Einstellung des
       Verfahrens voranzutreiben. Er darf so weitermachen.
       
   DIR Auschwitz-Prozess gegen Hubert Zafke: Stillstand in Neubrandenburg
       
       Der Prozess gegen einen früheren SS-Sanitäter platzt nach mehreren
       Befangenheitsanträgen. Nun muss das Verfahren ganz von vorne beginnen.
       
   DIR NS-Prozess gegen 92-Jährige abgesagt: Zu gebrechlich für Gerechtigkeit
       
       Einer 92-jährigen Auschwitz-Funkerin wird doch kein Prozess gemacht. Ein
       weiterer NS-Prozess beginnt erneut, weil der Angeklagte immer fehlte.
       
   DIR Prozesseröffnung Landgericht Hanau: Drei Verfahren und ein Todesfall
       
       Ein ehemaliger SS-Mann ist kurz vor Prozessbeginn gestorben. Ein weiterer
       Angeklagter erscheint nicht vor Gericht, zwei andere schweigen.
       
   DIR Auschwitz-Prozess gegen Hubert Zafke: Ringen um das Verfahren
       
       Beim Verfahrensauftakt fehlt der 95-jährige Angeklagte, dem 3.681-fache
       Beihilfe zum Mord vorgeworfen wird. Ist er verhandlungsunfähig?