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       # taz.de -- Kommentar Paragraf 175: Wir müssen über Schuld reden
       
       > Heiko Maas’ Initiative ist sehr löblich, aber sie wird zu rasch
       > umgesetzt. Die gesellschaftliche Debatte um den Paragrafen 175 wird
       > vermieden.
       
   IMG Bild: Im Mai hatte der Justizminister Entschädigungen für homosexuelle Opfer des Paragrafen 175 versprochen. Im Oktober will Heiko Maas einen Entwurf vorlegen
       
       Dass Justizminister Heiko Maaß ein Gesetz zur Rehabilitierung der schwulen
       Opfer [1][des Paragrafen 175 angekündigt], überrascht nicht. Eher schon,
       dass mit dem Deutschen Juristentag das wichtigste deutsche Forum
       juristischer Expert*innen damit einverstanden ist. Man möchte sagen: Wie
       erstaunlich! Noch vor 14 Jahren erklärten die damals noch
       regierungsbeteiligten Grünen, dass es rechtssystematisch nicht möglich sei,
       Rechtsprechungen aufzuheben, die in einem demokratischen Rechtsstaat
       getroffen wurden.
       
       Inzwischen ist die Debatte weitergekommen: Wer als schwuler Mann in den
       ersten 20 bundesdeutschen Jahren nach dem weiterhin gültigen Paragrafen 175
       der Nationalsozialisten verurteilt wurde, musste dies wider die damals
       schon geltenden Menschenrechte erleiden. Dieser Punkt muss betont werden,
       weil die politische Wiedergutmachungsgeste nicht einfach als ein
       homofreundlicher Akt betrachtet werden kann. Es geht hier darum, dass in
       voller Absicht eine höllische Strafbestimmung nationalsozialistischer
       Herkunft weiterwirken konnte.
       
       Nichts ruinierte bürgerliches Leben so gründlich wie Gerüchte über einen,
       der „vom anderen Ufer“ sein könnte und der jede Satisfaktionsfähigkeit
       eingebüßt hat. Knast, schuldhafte Scheidungen, Jobverlust, Einträge in
       Strafregister – Entwürdigungen sondergleichen.
       
       Insofern ist Heiko Maaß' Initiative sehr löblich, aber sie wird zu rasch
       umgesetzt: Am Ende wird es ein Gesetz und eine gewisse Summe Geld geben, um
       die sich dann lobbyistisch gut aufgestellte queere
       Bürgerrechtsorganisationen zanken, um die entsprechende wissenschaftliche
       Aufarbeitung der Nazigeschichte ins Werk zu setzen. Aber viel zu schnell
       wird eine gesellschaftliche Debatte vermieden, die sich an alle richtet,
       die die Strafkultur gegen männliche Homosexuelle gut fanden und sie
       aufrechterhalten haben. All jene haben sich schuldig gemacht. Es sind
       Nachnazitäter*innen, nichts weiter.
       
       13 Sep 2016
       
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