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       # taz.de -- Razzien in Norddeutschland: Trio unter Terrorverdacht
       
       > Drei in Schleswig-Holstein Festgenommene könnten eine Schläferzelle des
       > IS sein. Der Bundesinnenminister sieht Bezüge zu den Paris-Attentätern.
       
   IMG Bild: Einer der Verdächtigen wird am BGH in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter vorgeführt
       
       Berlin taz | Der Einsatz der Polizei begann am frühen Morgen. Noch vor
       Sonnenaufgang durchsuchten mehr als 200 Polizeibeamte drei
       Flüchtlingsunterkünfte in Schleswig-Holstein und mehrere Wohnungen.
       [1][Dabei nahmen sie drei Verdächtige fest.]
       
       Bei den Männern im Alter von 17, 18 und 26 Jahren könnte es sich nach
       Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) um eine
       „Schläferzelle“ der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) handeln.
       Nach den bisherigen Ermittlungen gebe es Bezüge zu den Attentätern in Paris
       im November 2015, so de Maizière. Hinweise auf konkrete Anschlagspläne in
       Deutschland lägen aber nicht vor.
       
       Viel spreche dafür, dass dieselbe Schlepperorganisation die Attentäter von
       Paris und die drei in Schleswig-Holstein verhafteten Männer als Flüchtlinge
       getarnt nach Europa gebracht hätten. Sie seien über die Balkanroute nach
       Deutschland gereist. Auch sollen die Reisedokumente aus derselben
       Fälscherwerkstatt stammen.
       
       Bei den Anschlägen in Paris, bei denen islamistische Terroristen die
       Konzerthalle Bataclan und andere Ziele in der französischen Hauptstadt
       angriffen, starben 130 Menschen. Der IS bekannte sich zu der Tat.
       
       ## An Waffen und Sprengstoff ausgebildet
       
       Den Pässen zufolge sind die drei Männer, die in Ahrensburg und Großhansdorf
       östlich von Hamburg sowie in Reinfeld nahe Lübeck festgenommen wurden,
       Syrer. Sie werden verdächtigt, im November 2015 im Auftrag des IS nach
       Deutschland gekommen zu sein, um hier einen Anschlag durchzuführen. „Sie
       sind daher der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen
       terroristischen Vereinigung dringend verdächtig“, so die
       Bundesanwaltschaft.
       
       Der 17-jährige Mahir al-H. soll sich spätestens Ende September 2015 in
       Rakka dem IS angeschlossen haben. Laut Ermittlungen erhielt er eine kurze
       Ausbildung – auch im Umgang mit Waffen und Sprengstoff.
       
       Im Oktober soll sich al-H. gemeinsam mit den beiden anderen Festgenommenen
       gegenüber einem für Anschläge außerhalb des IS-Gebiets zuständigen
       IS-Funktionär verpflichtet haben, nach Europa zu reisen. Dort sollten sie
       entweder einen bereits erhaltenen Auftrag ausführen oder auf weitere
       Anweisungen warten. Vom IS erhielten die drei Männer Pässe, Geldbeträge in
       vierstelliger Höhe in US-Dollar und Mobiltelefone mit vorinstalliertem
       Chat-Programm.
       
       Die Ermittlungen liefen bereits mehrere Monate. Ausgangspunkt soll ein
       Hinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz gewesen sein. Die
       Verdächtigen sollen in großem Umfang persönlich observiert worden, ihre
       Handys abgehört worden sein. Zu keinem Zeitpunkt sei aber von ihnen eine
       Gefahr ausgegangen, betonte der Bundesinnenminister: „Es musste nur der
       richtige Zeitpunkt ermittelt werden, damit auch ein Haftbefehl trägt.“
       
       ## Warnung vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge
       
       Nach der Ansicht de Maizières hat es der IS darauf angelegt, Terroristen
       unter Flüchtlinge zu mischen, die auf dem Weg nach Europa sind, um
       Unsicherheit zu schüren. „Angewiesen auf Flüchtlingsströme, um Menschen
       nach Europa zu bringen, ist der sogenannte Islamische Staat nicht“, betonte
       der Minister zugleich. Konkrete Angaben, ob die Festgenommenen bei ihrer
       Reise registriert worden seien, machte der Innenminister nicht.
       
       Er warnte vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge. „Die
       Sicherheitsbehörden haben aber immer wieder Hinweise, dass auch unter den
       Flüchtlingen einzelne potenzielle Terroristen oder Sympathisanten von
       Terrorismus sein können“, sagte der Minister.
       
       Derzeit liegen dem BKA mehr als 400 Hinweise auf terrorverdächtige
       Flüchtlinge vor. In 60 Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.
       Mehrheitlich soll es sich um Verwechslung oder Falschbeschuldigung handeln.
       So wurde zuletzt ein Anfang August in Rheinland-Pfalz wegen Terrorverdachts
       verhafteter Syrer wieder freigelassen. Anfang September teilte die
       Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit, der Verdacht gegen den 24-Jährigen habe
       sich nicht erhärtet.
       
       13 Sep 2016
       
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