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       # taz.de -- Vorwahlen in Frankreich: Sieben gegen Sarkozy
       
       > Eine Frau und sieben Männer: Die erste Vorwahl der französischen
       > Konservativen für die Präsidentschaftskandidatur steht an.
       
   IMG Bild: Die einzige Frau im Rennen: Madame Nathalie Kosciusko-Morizet auf der Sommerparty der Republikaner in La Baule
       
       Paris taz | Bei der Nominierung ihres Präsidentschaftskandidaten oder ihrer
       -kandidatin hat die bürgerlich-rechte Wählerschaft im November ein echtes
       Angebot. Von ursprünglich dreizehn Bewerbern um eine Teilnahme an den
       „Primärwahlen“ am 20. und 27. November sind jetzt acht zugelassen worden:
       sieben Männer und eine Frau.
       
       Den Umfragen nach haben nur zwei von ihnen eine reelle Chance: Expräsident
       Nicolas Sarkozy und der frühere Premierminister Alain Juppé. Diese beiden
       würden laut den Prognosen die Stichwahl unter sich ausmachen. Die übrigen
       sechs aber hoffen weiterhin, sich wenigstens mit einem Achtungsergebnis
       einen Namen zu machen. Das gilt namentlich für Sarkozys ehemaligen
       Premierminister François Fillon sowie für den einstigen
       Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire.
       
       Diese vier können sich Chancen auf die Nominierung ausrechnen. Das muss
       sich auch der frühere Parteichef Jean-François Copé sagen, der über eine
       Parteifinanzierungsaffäre gestolpert ist, für die er die Schuld Sarkozy
       zuschiebt. Trotz dieses Rückschlags hat er die erforderlichen
       Unterschriften zusammengebracht. Noch erstaunlicher war, dass dies als
       Vertreter der ultrakonservativen Strömung innerhalb der Republikaner auch
       Hervé Mariton geschafft hat, der insbesondere die Legalisierung der
       Homo-Ehe zurücknehmen will.
       
       Die politisch eher als Grünliberale einzustufende Nathalie
       Kosciusko-Morizet hat als einzige Frau in dieser männlich dominierten
       Vorausscheidung als einstige Ministerin und (knapp unterlegene) Kandidatin
       für das Pariser Bürgermeisteramt ebenfalls Trümpfe auszuspielen. Dass auch
       sie die Zulassungsbedingungen der internen Kommission der Partei Les
       Républicains (LR) erfüllen würde, war bis fast zur letzten Minute offen.
       
       ## Eine Unterschrift und 2 Euro für die Teilnahme
       
       Für eine Teilnahme an der Vorwahl braucht man die Patenschaft von 250
       gewählten Volksvertretern (davon 20 Parlamentarier) sowie die
       Unterschriften von 2.500 Parteimitgliedern. An dieser Hürde sind mehrere
       Anwärter gescheitert, unter ihnen Sarkozys Sprecher und Ghostwriter Henri
       Guaino oder auch seine frühere Ministerin Nadine Morano. Ohne die
       Patenschaften kann dagegen der Vorsitzende der kleinen Christdemokratischen
       Partei (PCD), Jean-Frédéric Poisson, an der Primärwahl teilnehmen, da seine
       Partei diesen politischen Schönheitswettbewerb mit organisiert.
       
       Immerhin 34 Prozent aller Befragten erklären heute in Frankreich, dass sie
       diese Vorrunde zur Auswahl des bürgerlichen Präsidentschaftskandidaten
       interessiere. Beteiligen können sich daran alle in Frankreich
       Stimmberechtigten, die eine politische Charta zu den demokratischen
       Grundwerten unterschreiben und 2 Euro bezahlen. Sie haben mit acht Namen
       ein breites Angebot, das von liberal bis ultra konservativ reicht.
       
       ## Konservativer Kandidat hat beste Aussichten
       
       Andere Kriterien können aber auch die Persönlichkeiten der Kandidaten und
       ihre Ambitionen sein: Der egozentrische Sarkozy möchte wegen seiner
       Niederlage von 2012 eine Revanche, der eher besonnen wirkende Juppé dagegen
       verspricht, Frankreich mit einer konservativ-liberalen Linie aus der Krise
       zu führen, ohne neue Gräben auszuheben. Le Maire bietet sich als neue
       Generation an. Fillon setzt auf einen in Frankreich unbeliebten
       Wirtschaftsliberalismus.
       
       Keiner der acht befürwortet offen eine Zusammenarbeit mit dem
       rechtsextremen Front National, obwohl dessen islam- und fremdenfeindliche
       Ideologie im bürgerlichen Lager und ganz speziell unter Sarkozys
       Sympathisanten ein wachsendes Echo findet. Allen gemeinsam ist hingegen,
       dass sie die Bilanz des gegenwärtigen sozialistischen Staatschefs François
       Hollande in Grund und Boden verdammen und in sieben Monaten seinen Posten
       erringen wollen, um es (angeblich) besser zu machen.
       
       Allein die Tatsache, dass der frühere Staatspräsident Sarkozy gleich eine
       siebenköpfige Konkurrenz hat, beweist jedoch, dass er keineswegs einen
       unbestrittenen Anspruch auf eine Rückkehr an die Macht erheben kann. Und
       mehrere Mitbewerber sind frühere Vertraute, die sich von Sarkozy enttäuscht
       abgewandt haben.
       
       Im zweiten Wahlgang, vermutlich gegen Juppé, könnte sich sogar eine für ihn
       verhängnisvolle interne Allianz „Alle gegen Sarkozy“ bilden. Entscheiden
       werden das rund drei Millionen Franzosen und Französinnen, die sich als
       LR-Sympathisanten betrachten. Diese will Sarkozy, der laut Umfragen hinter
       Juppé liegt, in den kommenden Wochen im Sturm erobern.
       
       Wer immer das Rennen macht, hat angesichts der misslichen Popularitätswerte
       für Präsident François Hollande beste Aussichten, bei den
       Präsidentschaftswahlen im Frühling 2017 in die Stichwahl gegen Marine Le
       Pen (FN) zu gelangen und dann als nächster Staatschef in den Élysée-Palast
       einzuziehen. Darum hat diese „interne“ Ausscheidung eine vorentscheidende
       Bedeutung.
       
       15 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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