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       # taz.de -- ARD-Chefin über Transparenz: Olympia? „Nicht zu jedem Preis“
       
       > Die ARD-Chefin Karola Wille spricht über politische Pläne, ihr Gehalt,
       > Sportrechte und die Honorare von Fußballexperten.
       
   IMG Bild: Karola Wille. Jahresgehalt: 275.000 Euro
       
       taz: Frau Wille, CSU-Chef Horst Seehofer hat vorgeschlagen, [1][ARD und ZDF
       zusammenzulegen]. Die FDP pflichtet ihm bei. Und Sie? 
       
       Karola Wille: Wir kennen den konkreten Ansatz von Herrn Seehofer nicht.
       Aber wir sind uns einig, dass durch eine Fusion publizistische Vielfalt und
       damit auch Meinungsvielfalt verloren gehen würde. Deswegen sollten wir eher
       darüber nachdenken, wie wir die Vielfalt noch weiter stärken können – und
       dabei trotzdem wirtschaftlich bleiben. Es gibt Felder, in denen es sich
       anbietet, innerhalb der ARD, aber auch mit dem ZDF stärker zu kooperieren,
       aber die betreffen eher Technik, Produktion und Verwaltung als das
       Programm.
       
       Sie haben Transparenz [2][zum Thema ihres Vorsitzes gemacht]. Sie verdienen
       275.000 Euro pro Jahr und dürfen 5.000 Euro dazuverdienen. Wie schlimm
       finden Sie es, dass wir das wissen? 
       
       Nicht schlimm.
       
       Warum gibt es dann mit dem Intendanten des Deutschlandradios und dem des
       Hessischen Rundfunks noch immer zwei, deren Gehalt noch nicht öffentlich
       ausgewiesen wurden? 
       
       Wir haben in der Intendantenrunde gerade wieder über das Thema diskutiert.
       Es gab da zum Teil unterschiedliche Auffassungen, aber bis Ende des Jahres
       wollen wir eine gemeinsame Haltung finden. Abgesehen von den
       Intendantengehältern gibt es ja schon viele finanzielle Posten, die
       offengelegt wurden: Wir haben zum Beispiel dargestellt, [3][was unser
       Auslandskorrespondentennetz kostet], und gerade wieder veröffentlicht, was
       wir für Auftragsproduktionen ausgeben
       
       Willi Steul, der Intendant des Deutschlandradios, hat gerade noch einmal
       betont, dass er sein Gehalt nicht freiwillig offenlegen wird. Zum einen,
       sagt er, sei es nicht so viel wie bei den Intendanten der großen Anstalten.
       Zum anderen unterliege das dem Persönlichkeitsrecht. Was sagen Sie dazu? 
       
       Dieses Argument haben bis vor einigen Jahren viele Intendanten vertreten.
       [4][Heute ist das anders]. Das zeigt sich auch im Handeln des Gesetzgebers,
       der uns ja in vielen Fällen mittlerweile vorgeschrieben hat, dass die
       Intendantengehälter offenzulegen sind. Auch das wäre vor zehn Jahren
       undenkbar gewesen.
       
       Sie haben den Verfassungsrechtler Paul Kirchhof beauftragt, zu evaluieren,
       wieviel Transparenz sich die ARD erlauben kann oder muss oder darf. Sie
       wünschen sich wahrscheinlich, dass dabei herauskommt: sehr viel. Was machen
       Sie, wenn Herr Kirchhof feststellt, dass gar nicht soviel mehr möglich ist? 
       
       Herr Kirchhof verbietet uns ja nichts. Er macht eine rechtssystematische
       Betrachtung. Er untersucht zum Beispiel, ob wir tatsächlich aus
       verfassungsrechtlichen Gründen alle Verträge offenlegen müssen, auch die
       von Sportexperten. Wo es nicht gegen rechtliche Grundlagen verstößt, wird
       er uns aber wohl kaum untersagen, Dinge offenzulegen. Von daher habe ich
       keine Sorge.
       
       Im Sommer gab es eine Debatte darüber, wieviel Mehmet Scholl als
       Sportexperte der ARD verdient. Eine ähnliche Diskussion gab es um Thomas
       Gottschalk, der für seine 2012 vorzeitig abgesetzte ARD-Show die komplette
       Vertragssumme bekommen hat. Beide waren über eine Tochterfirma an die ARD
       gebunden. Wie verträgt sich dieses Tochterfirmen-Geflecht mit der
       Transparenz? 
       
       Diese Beteiligungen sind kein Geflecht und bewegen sich nicht im
       rechtsfreien Raum. Wir sind auch hier transparent und veröffentlichen
       regelmäßig die Übersicht aller unserer Beteiligungen. Sie werden von
       Rechnungshöfen überwacht, von den Aufsichtsräten und in den wesentlichen
       Ergebnissen auch in den Landtagen. Dahinter steht also ein weitreichendes
       Kontrollsystem. Im Bereich der Sportrechte haben sich die Gremien der
       Rundfunkanstalten in der Vergangenheit beschwert, dass sie zu wenig
       informiert wurden. Das haben wir daraufhin bereits vor einer ganzen Weile
       geändert: Wenn die Sport A (Sportrechteagentur von ARD und ZDF, d. Red.)
       Verträge schließt, dann werden diese den zuständigen Gremien vorgelegt.
       Ähnliches passiert künftig nun auch bei Verträgen wie dem von Mehmet
       Scholl: Wir haben beschlossen, dass die Verträge der Sportexperten nicht
       mehr mit der AS & S (dem Werbevermarkter ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH;
       d. Red.) geschlossen werden, sondern direkt mit der für die Sportart oder
       das Sportereignis jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt, so dass deren
       Rundfunk- beziehungsweise Verwaltungsräte informiert werden muss und
       gegebenenfalls mitentscheiden.
       
       Das heißt aber, dass die breite Öffentlichkeit auch zukünftig nicht
       erfahren wird, wieviel Mehmet Scholl bei Ihnen verdient? 
       
       Die Gremien als Vertreter der Gesellschaft bekommen die Informationen.
       Alles weitere untersucht gerade Herr Kirchhof.
       
       Aber befördert diese Verschwiegenheit nicht gerade erst die Spekulationen
       all jener, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk lieber heute als morgen
       abschaffen wollen? 
       
       Die würden womöglich auch befördert, wenn wir die Zahl bekanntgeben würden.
       
       Da wir gerade beim Nichtnennen von Zahlen sind: Die ARD wird ab 2017 pro
       Jahr 119 Millionen Euro netto für die Bundesligazusammenfassungen ausgeben.
       Stimmt die Zahl? 
       
       Der tatsächliche DFL-Vertrag liegt noch einigen Gremien zur Befassung vor.
       Wir sind noch nicht durch.
       
       100 Millionen Euro sind ihr Höchstgebot für die olympischen Spiele 2018 und
       2020? 
       
       Die Gespräche mit Discovery laufen.
       
       150 Millionen Euro verlangt Discovery für die Olympiasublizenzen? 
       
       Das müssen Sie Discovery fragen.
       
       Sie verhandeln mit denen ja schon ein bisschen länger. Das-
       Erste-Programmdirektor Volker Herres sagte, man stehe noch ganz am Anfang.
       Aber es sind doch nur noch knapp 17 Monate bis zu den Winterspielen 2018 in
       Pyeongchang. Müssen Sie nicht langsam mal in die Puschen kommen? 
       
       Wir haben eine hohe Verantwortung in diesen Verhandlungen. Es gibt die
       große Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, dass die Spiele wieder bei uns
       laufen sollen. Aber es gibt auch die große Verantwortung den Gremien
       gegenüber, die uns mit auf den Weg gegeben haben, die Rechte nicht zu jedem
       Preis zu erwerben. Das macht es nicht einfach.
       
       Also reden wir auch darüber noch mal am Ende des Jahres. 
       
       Ja. Das werden wir gerne tun.
       
       15 Sep 2016
       
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