# taz.de -- Umstrittene Armenien-Resolution: Keine Distanzierung der Regierung
> Die Armenien-Resolution des Bundestags belastet die deutsch-türkische
> Beziehung. Nun erklärt Regierungssprecher Steffen Seibert die Haltung
> Berlins.
IMG Bild: Die Bundesregierung steht weiter hinter der Entscheidung des Bundestags vom 2. Juni, das Massaker an den Armeniern 1915/16 als Völkermord einzustufen
Berlin dpa | Die Bundesregierung will trotz der schweren Belastung des
deutsch-türkischen Verhältnisses nicht auf Distanz zur umstrittenen
Armenien-Resolution des Bundestages gehen. „Davon kann überhaupt keine Rede
sein“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag zur Haltung
Berlins mit Blick auf einen anderslautenden Medienbericht.
Spiegel Online [1][hatte berichtet], Auswärtiges Amt und Kanzleramt hätten
sich darauf geeinigt, dass Seibert vor die Presse treten und sich im Namen
der Regierung von der Resolution distanzieren solle.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte am Freitagmorgen nach
einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin: „Der
Deutsche Bundestag hat jedes Recht und die Freiheit, sich zu politischen
Fragen zu äußern.“ Der Bundestag sage aber auch selbst, dass „nicht jede
Resolution einen rechtliche Bindung“ habe. Ein Außenamtssprecher sagte
später: „Herr Steinmeier stand, er steht und er wird zu der
Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages stehen.“
In der Resolution des Parlaments von Anfang Juni werden die Verbrechen an
den Armeniern im Ersten Weltkrieg mit – nach Historiker-Schätzungen – bis
zu 1,5 Millionen Toten als Völkermord eingestuft. Die deswegen verärgerte
Türkei verweigert deutschen Abgeordneten seit Verabschiedung des Papiers
den Besuch bei den in Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten.
## Irritation in der Unionsfraktion
In der Unionsfraktion lösten die Berichte am Morgen Irritationen aus. Der
stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stephan Harbarth sagte vor Beginn
einer Sitzung: „Die Position der Unionsfraktion bleibt unverändert.“ Im
Fraktionsvorstand hieß es, eine Distanzierung durch Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) wäre „das völlig falsche Signal“ an den türkischen Präsidenten
Tayyip Recep Erdogan, der vor allem türkischstämmige Bundestagsabgeordnete
nach der Resolution persönlich angegriffen hatte.
Merkel hatte seinerzeit zwar an der Abstimmung im Bundestag nicht
teilgenommen, bei der vorherigen Probeabstimmung in der Fraktion aber mit
den Abgeordneten für die Resolution gestimmt. Eine Regierungssprecherin
hatte damals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Merkel die Resolution
unterstützt habe. Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und Außenminister
Steinmeier nahmen an der Abstimmung im Juni nicht teil.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Bundesfamilienministerin Manuela
Schwesig lehnte eine Distanzierung von der Resolution ebenfalls ab. „Davon
halte ich gar nichts“, sagte sie dem Sender N24.
Die Bundeswehr hat in Incirlik im Süden der Türkei mehr als 200 Soldaten
sowie sechs Tornado-Aufklärungsjets und ein Tankflugzeug stationiert. Sie
sollen den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützen.
Zuletzt hatte die Bundesregierung betont, sie wolle sich im Streit mit der
Türkei über das Besuchsverbot nicht unter Druck setzen lassen.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor in Ankara ein
deutsches Entgegenkommen in der Frage der Armenien-Resolution zur Bedingung
für eine Lösung des Incirlik-Streits gemacht.
2 Sep 2016
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DIR [1] http://www.spiegel.de/politik/ausland/armenien-resolution-angela-merkel-geht-auf-erdogans-forderung-ein-a-1110505.html
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