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       # taz.de -- Bürgerentscheid in Bayern: Allgäuer stimmen für Skischaukel
       
       > Was ist der Naturschutz im Vergleich zum Skifahren? Nicht so wichtig
       > finden ihn Anrainer des Riedberger Horns. Kommt jetzt die Piste?
       
   IMG Bild: Soll künftig im Winter noch leichter zu nutzen sein: Skilift am Riedberger Horn
       
       MÜNCHEN taz | Die gute Nachricht ist: Die Alpen sollen stehen bleiben.
       „Wegen einem Skilift zerfallen die Alpen nicht“, hat Markus Söder
       angekündigt, und diese Aussage ist – daran ist nicht zu rütteln – völlig
       korrekt. Dennoch verunsichert sie manchen Naturschützer, suggeriert sie
       doch, Bayerns Heimatminister sehe Eingriffe in die Natur unproblematisch,
       sofern sie nicht zumindest einen Einsturz der Alpen zur Folge haben.
       
       Der Eingriff, auf den sich der CSU-Mann bezog, ist an diesem Sonntag einen
       gehörigen Schritt näher gerückt: Es geht um den Bau der umstrittenen
       Skischaukel am Riedberger Horn. In einem kleinen, aber entscheidenden
       Bürgerentscheid haben sich die Menschen in den beiden betroffenen Allgäuer
       Gemeinden für die Skischaukel ausgesprochen.
       
       In Obermaiselstein (829 Wahlberechtigte) stimmten 68,3 Prozent dafür, in
       Balderschwang (263 Wahlberechtigte) sogar 85 Prozent.
       
       Beide Dörfer verfügen jeweils über ein kleines Skigebiet mit Schlepp- und
       Sesselliften. Die sogenannte Skischaukel nun soll die beiden Gebiete
       miteinander verbinden. Es geht dabei um eine 1,6 Kilometer lange Trasse für
       eine Gondelbahn und eine neue 3,3 Kilometer lange Skipiste. Das Ganze soll
       etwa 12 Millionen Euro kosten.
       
       Umstritten ist die Skischaukel, weil die geplante Trasse durch einen
       besonders geschützten Bereich der Alpen verläuft. Laut Alpenplan von 1972
       liegt das Gebiet in der sogenannten Zone C. Dort sind derartige Bauprojekte
       verboten. Für den Alpenplan zuständig ist Söder. Er hat schon verlauten
       lassen, dass der Plan für ihn „kein Denkmal“ sei und man ihn deshalb auch
       ändern könne.
       
       Im Gespräch ist auch ein Tausch von Schutzflächen. Sollten die Grenzen der
       Alpenschutzzone C neu gezogen werden, könnte beispielsweise das Gebiet am
       Riedberger Horn verkleinert, das Schutzgebiet am benachbarten Wannenkopf
       dafür vergrößert werden. Eine Variante, die wiederum bei der dortigen
       Gemeinde auf Widerstand stößt.
       
       ## Umweltministerin Ulrike Scharf war dagegen
       
       Die Skischaukel spaltet auch die bayerische Staatsregierung. Während Söder
       sich stets für ihren Bau starkmachte, war Umweltministerin Ulrike Scharf
       dagegen, und Ministerpräsident Horst Seehofer suchte mal wieder die
       „Koalition mit dem Bürger“: Er kündigte an, seine Entscheidung von den
       Abstimmungen in den beiden Gemeinden abhängig zu machen. Würden sie, wie
       nun geschehen, für die Lifttrasse stimmen, so versprach Seehofer, werde die
       Regierung „alles Menschenmögliche“ tun, um diese auch umzusetzen.
       
       Das dürfte auch nötig sein. Die Umsetzung des Projekts ist kein
       Selbstläufer. Erst am Freitag hatten der Deutsche Alpenverein, der Bund
       Naturschutz (BN) und andere Organisationen bekräftigt, notfalls vor Gericht
       zu ziehen. Die Verbände wehrten sich dagegen, dass eine
       „scheindemokratische Volksbefragung“ über die Zukunft des Alpenplans
       entscheiden solle, und warnten vor einem Präzedenzfall.
       
       Auch die Opposition lehnt die Pläne ab – und spricht von einem „Ausverkauf“
       der bayerischen Alpen. „Seehofer und Söder planen hier eine ganz krumme
       Tour“, schimpft SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn. „Dabei geht es nur
       um wirtschaftliche Interessen.“
       
       20 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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