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       # taz.de -- AfD nach der Wahl in Berlin: Vom Frust beflügelt
       
       > Die AfD glaubt an eine Fortsetzung ihres Erfolgs bei der Bundestagswahl
       > 2017. Aber nur wenige Wähler haben sie aus Überzeugung gewählt.
       
   IMG Bild: Shootingstars: Frauke Petry, Georg Pazderski und Jörg Meuthen am Montag in Berlin (v.l.n.r.)
       
       Berlin taz | Georg Pazderski will jubeln. Am Tag nach der Wahl zum Berliner
       Abgeordnetenhaus sitzt der Spitzenkandidat der AfD gemeinsam mit den beiden
       Bundesvorsitzenden im Saal der Bundespressekonferenz vor den
       HauptstadtjournalistInnen und spricht von „einer neuen Qualität“: „Die AfD
       wird erstmals Regierungsverantwortung übernehmen“, freut sich der ehemalige
       Bundeswehroffizier.
       
       Dabei allerdings geht es nicht um die Landesregierung, sondern um die
       Bezirke, wo ebenfalls gewählt wurde – und wo der AfD in der Tat einige
       Stadtratsposten zustehen werden. Mit dem Ergebnis auf Landesebene aber gibt
       sich Pazderski auch mehr als zufrieden. Er kündigt an, „keine
       Fundamentalopposition“ betreiben zu wollen: „Wir werden konstruktiv
       mitarbeiten.“
       
       Von einem „grandiosen Erfolg“ spricht auch Parteichef Jörg Meuthen. Berlin
       dürfe man nicht mit Mecklenburg-Vorpommern, sondern müsse es mit den
       anderen Stadtstaaten vergleichen, wo die AfD in der Vergangenheit deutlich
       schlechter abschnitt. „Das ist ein schweres Milieu für die AfD.“ Seine
       Co-Chefin Frauke Petry ist sich sicher: Der Wahlerfolg werde im kommenden
       Mai in NRW und schließlich auch im September bei der Bundestagswahl
       fortgesetzt werden.
       
       Ob sich die Wähler der AfD aber auch längerfristig an die Partei binden
       lassen, ist unklar. Das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap kommt in
       ihrer Analyse, bei der Tausende Wähler kurz nach ihrer Stimmabgabe befragt
       wurden, zu dem Ergebnis, dass nur 26 Prozent der Berliner AfD-Wähler die
       Partei aus Überzeugung gewählt haben, 69 Prozent dagegen aus Enttäuschung
       über die anderen Parteien. Das entspricht dem Bild einer klassischen
       Protestpartei, die ihre Erfolge vor allem dem Frust verdankt.
       
       ## Milieu der Nichtwähler
       
       Weiterhin rekrutiert die AfD ihre Wähler bevorzugt aus dem Milieu der
       Nichtwähler. Mehr als die Hälfte (69.000) hatten bei den letzten Wahlen
       nicht teilgenommen. Von den anderen Parteien kamen besonders viele Wähler
       von der CDU (39.000) und SPD (24.000), aber auch von der Linken (12.000)
       und den Piraten (ebenfalls 12.000). Aber nicht nur die Rechtspopulisten
       profitierten von der mit 66,9 Prozent hohen Wahlbeteiligung: Die
       Linkspartei konnte immerhin 16.000 frühere Nichtwähler mobilisieren, die
       SPD 7.000.
       
       Ihre besten Ergebnisse erzielten die Rechtspopulisten in den östlichen
       Bezirken. In Teilen von Treptow-Köpenick, Lichtenberg und
       Marzahn-Hellersdorf überspang die AfD die 30-Prozent-Marke; ihren
       Spitzenplatz erzielte sie mit 37,2 Prozent in einen Wahllokal in
       Blankenfelde, kurz vor der Berliner Stadtgrenze. Im Wahllokal 313 von
       Marzahn-Hellersdorf kam die AfD auf 33,2 Prozent, die ansonsten
       bedeutungslose NPD erzielte dort auch noch 5,5 Prozent. Aber auch im alten
       West-Berlin konnten die Rechtspopulisten etwa 12 Prozent der Stimmen
       einfahren – mehr in den Randgebieten, weniger in der City.
       
       Das Flüchtlingsthema blieb wie schon bei den vorhergehenden Landtagswahlen
       dominant. „Flüchtlinge“ seien für 72 Prozent der AfD-Wähler
       wahlentscheidend gewesen, so infratest-dimap, es folgt die innere
       Sicherheit mit 45 Prozent.
       
       Und auch bei anderen Kennzeichen wiederholen sich Charakteristika
       vorangegangener Landtagswahlen: AfD-Wähler sind überwiegend männlich. Die
       Partei ist besonders für Arbeitslose und Arbeiter attraktiv, das gilt noch
       stärker als bei den „Arbeiterparteien“ Linke und SPD.
       
       Ein Lichtblick noch: Bei den Erstwählern und jungen Leuten bis 24 Jahren
       fand die Partei kaum Zuspruch – von dieser Altersgruppe wählten nach den
       Analysen von infratest-dimap nur acht Prozent die Rechten.
       
       19 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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