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       # taz.de -- Neue Pläne für Katastrophenschutz: Jodtabletten für Millionen
       
       > Zwei von drei Menschen in Deutschland könnten bei einem AKW-GAU betroffen
       > sein. Doch die Umsetzung der neuen Schutzpläne verzögert sich.
       
   IMG Bild: Das Atomkraftwerk Grohnde in der Gemeinde Emmerthal (Niedersachsen) dampft. Doch was tun, wenn es brennt?
       
       Berlin taz | Dass die neuen Katastrophenschutzpläne noch nicht umgesetzt
       sind, wird fast zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland sehr direkt
       interessieren: Allein in der sogenannten Mittelzone im Umkreis von etwa 20
       Kilometern um jeden der sieben deutschen Atomreaktoren, die nach einer
       Nuklearkatastrophe komplett evakuiert werden können muss, leben 2,3
       Millionen Menschen.
       
       Die Außenzone im Umkreis von 100 Kilometern wird von 53,7 Millionen
       Menschen bewohnt; hier sollen die Behörden eine flächendeckende Einnahme
       von Jodtabletten vorbereiten, die nach einem Atomunfall die Aufnahme von
       radioaktivem Jod aus der Luft reduzieren sollen.
       
       Das erklärt das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine Anfrage der
       Grünen, die der taz vorliegt. Am meisten potenziell Betroffene leben am
       baden-württembergischen AKW-Standort Philippsburg: In der Evakuierungszone
       sind es rund 730.000 Menschen, mehr als 11 Millionen müssten Jodtabletten
       bekommen.
       
       Die deutschen Katastrophenschutzpläne waren als Reaktion auf den GAU im
       japanischen Fukushima von 2011 überarbeitet worden. Eine Simulation des
       Bundesamts für Strahlenschutz ergab, dass bei einem vergleichbaren Unfall
       in Deutschland wegen des anhaltenden Austritts radioaktiven Materials weit
       größere Gebiete verstrahlt würden als in den geltenden Plänen
       berücksichtigt.
       
       Bisher sind Evakuierungen nur im Umkreis von 10 Kilometern vorgesehen, die
       Jodvergabe nur bis 25 Kilometer. Seit 2014 liegen aktualisierte
       Empfehlungen der Strahlenschutzkommission vor. Doch die zuständigen
       Kommunen haben diese bisher nicht umgesetzt; teilweise liegen [1][noch
       nicht einmal die dafür notwendigen Vorgaben der Bundesländer vor].
       
       Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia
       Kotting-Uhl, übt scharfe Kritik an der Verzögerung. „Statt mit immer
       schrilleren Tönen über ein Burka-Verbot die Gesellschaft zu spalten,
       sollten gerade die Innenminister der Union sich endlich um reale Gefahren
       wie den verschleppten AKW-Katastrophenschutz kümmern und damit ihrer
       Schutzpflicht für alle Menschen nachkommen“, sagte sie der taz.
       
       21 Sep 2016
       
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