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       # taz.de -- CSU-Politiker über Zuwanderungspapier: „Wir haben nichts gegen Asiaten“
       
       > Stephan Mayer erklärt, welche Einwanderer aus dem
       > „christlich-abendländischen Kulturkreis“ er bevorzugen möchte, warum –
       > und vor allem: wie.
       
   IMG Bild: Wo Bayern noch Bayern ist: In den Allgäuer Alpen werden die Rinder ins Tal getrieben
       
       taz: Herr Mayer, die CSU fordert in ihrem neuen Papier, Zuwanderer aus dem
       „christlich-abendländischen Kulturkreis künftig zu bevorzugen. An wen haben
       Sie dabei gedacht? 
       
       Stephan Mayer: Vor allem an potenzielle Zuwanderer aus westlichen
       Demokratien wie den USA, Kanada, Australien und Neuseeland. Und aus jenen
       Ländern in Europa, die bisher nicht an der EU-Freizügkeit teil haben.
       
       Seit wann sind die USA und Neuseeland „abendländisch“? Steht das Wort
       „Abendland“ nicht historisch für das christliche Westeuropa? 
       
       Die USA und Neuseeland sind christlich geprägt. Da kann man erwarten, dass
       das Wertesystem ähnlich ist wie bei uns. Man kann das ja auch alternierend
       betrachten: entweder christlich oder abendländisch.
       
       Es geht Ihnen nur um Arbeitsmigration, nicht um Flüchtlinge? 
       
       Ja, genau.
       
       Wie wollen Sie das umsetzen? 
       
       Indem man zum Beispiel jene Länder privilegiert, die zu diesem Kulturkreis
       gehören, und Bewerber aus diesen Ländern von der Vorrangsprüfung ausnimmt,
       der sich alle Bewerber aus Nicht-EU-Ländern bislang unterziehen müssen.
       
       Die Vorrangprüfung besagt, dass sich kein anderer geeigneter Bewerber für
       eine Stelle finden darf, damit ein Ausländer eine Arbeitserlaubnis erhält.
       Richtig? 
       
       Genau, aber man kann ja Kandidaten aus bestimmten Ländern davon ausnehmen.
       Die Schweiz zum Beispiel ist bereits von der Vorrangprüfung ausgenommen.
       Aber wir würden diese Liste ausweiten.
       
       Bewerber für Mangelberufe und Hochqualifizierte müssen schon jetzt keine
       Vorrangprüfung durchlaufen – egal, aus welchem Kulturkreis sie stammen.
       Wollen Sie das ändern? 
       
       Nein, niemand hat vor, die bestehende Situation zu verschlechtern.
       
       Wie ist das mit Zuwanderern aus Israel, das jüdisch geprägt ist. Gehören
       die für Sie auch zum „abendländischen Kulturkreis“? 
       
       Zu Israel pflegen wir traditionell enge Beziehungen. Zuwanderer von dort
       sollten auch privilegiert behandelt werden.
       
       Und was ist mit Zuwanderern aus der muslimisch geprägten Türkei? Die ist ja
       sogar Nato-Mitglied und enger Partner der EU? 
       
       Mit der Türkei gibt es das Assozierungsabkommen mit der EU, das in
       vielerlei Hinsicht den Rahmen setzt, sie ist da größtenteils mit EU-Ländern
       gleichgestellt. Daran wollen wir nichts ändern, das steht auch nicht drin
       in unserem Papier. Das kann auch nicht von einem einzelnen Land wie
       Deutschland isoliert aufgehoben werden.
       
       Das heißt, Sie wollen gar nicht viel ändern. Aber die Botschaft Ihres
       Papiers ist, dass Ihnen ein Bewerber aus einem christlichen Land lieber ist
       als einer aus Japan oder der Türkei? 
       
       Das sehe ich nicht so, und das steht in dem Papier auch nicht drin. Wir
       haben nichts gegen Asiaten, und wir wollen auch keine Japaner
       benachteiligen. Wir wollen rechtlich niemanden verschlechtern und das heißt
       nicht, dass es hier zu einer aktiven Diskrimierung kommt.
       
       Es kann aber von potentiellen Bewerbern aus Indien oder China, die etwa als
       IT-Spezialisten nach Deutschland kommen wollen, durchaus so verstanden
       werden. 
       
       Das ist die Frage. Denn wir wollen rechtlich niemanden verschlechtern, für
       den das Kriterium „abendländischer Kulturkreis“ nicht zutrifft.
       
       Warum ist Ihnen das so überhaupt wichtig, aus welchem „Kulturkreis“ jemand
       stammt? 
       
       Weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die Integration leichter gelingt, wenn
       Menschen aus einem verwandten Kulturkreis zu uns kommen. Da gibt es
       durchaus Unterschiede in der Integrationsfähigkeit.
       
       Sie meinen, ein Maori aus Neuseeland ist leichter zu integrieren als ein
       Japaner oder ein Marokkaner? 
       
       Das kann man so nicht sagen. Aber noch einmal: im konkreten Fall das
       bedeutet das keine Verschlechterung. Die Lebenswirklichkeit sieht doch
       bisher so aus, dass ein Arbeitgeber mit einem Headhunter nach einem
       geeigneten Kandidaten für einen Job sucht. Und wenn der beste Kandidat in
       Osaka sitzt, und der von dort seine Familie nachholen will, dann wird das
       selbstverständlich auch weiterhin kein Problem sein.
       
       Sie sagen auch, Sie wollen die Einwanderung insgesamt begrenzen. Wie wollen
       Sie das machen? Die allermeisten Einwanderer, die in den letzten Jahren
       nach Deutschland gekommen sind, haben sich aufgrund der Freizügigkeit
       innerhalb des EU-Binnenmarkts hier niedergelassen. Daran wird Ihr Vorstoß
       nichts ändern. 
       
       Das stimmt, ja.
       
       Die CSU hat sich noch vor ein paar Jahren massiv dagegen gestemmt, Bürgern
       aus Bulgarien und Rumänien die volle Freizügigkeit zu gewähren. Würden Sie
       die gerne rückgängig machen? 
       
       Ich weiß nicht, ob man Länder, die christlich-orthodox geprägt sind, zum
       abendländischen Kulturkreis zählen kann. Aber wir haben nicht vor, die
       EU-Freizügigkeit auszuhebeln, nein.
       
       9 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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