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       # taz.de -- Kommentar Koalitionsgipfel: Beunruhigend ruhig
       
       > Gabriel macht konstruktive Vorschläge und stiehlt damit Seehofer die
       > Show. Doch der Egozentriker wird sich das nicht ohne Weiteres bieten
       > lassen.
       
   IMG Bild: Ohne Worte
       
       Man weiß gar nicht, was einen mehr beunruhigen sollte: das ostentative
       Schweigen der Koalitionäre nach ihrem Gipfel im Kanzleramt – oder die
       Aussicht, Merkel, Seehofer und Gabriel könnten tatsächlich wieder zur
       Sachpolitik übergehen. Wenn sie das tun, scheint es wirklich schlecht zu
       stehen um die Groko – das überhaupt gedacht zu haben, ist womöglich das
       ernst zu nehmendste Zeichen überhaupt.
       
       Nach dem sonntäglichen Treffen der Parteivorsitzenden im Kanzleramt machte
       sich erst einmal Verwirrung breit. Was, die drei sind kommentarlos
       davongefahren? Kein Horst Seehofer, der sich vor der Kanzleramts-Kulisse
       medienwirksam spreizen durfte? Kein Sigmar Gabriel, der als eine Art
       politischer Weißclown dabeistehen musste, während Angela Merkel still die
       Raute macht und schräg in den Berliner Himmel äugt?
       
       Tatsächlich, nichts von alledem. Statt dessen eine ziemlich kluge Volte des
       SPD-Chefs, der mit einem Sechs-Punkte-Themenpaket ins Kanzleramt gekommen
       war und im übrigen für sich reklamierte, nicht der Mediator der streitenden
       Unionisten zu sein. Statt dessen wurde die Flüchtlingsfrage erst mal
       ausgeklammert und anstehende Themen besprochen. Für Anfang Oktober ist ein
       weiteres Treffen vereinbart.
       
       Gabriel hat erkannt: Die Leute haben es einfach satt, der Großen Koalition
       beim Zanken zuzusehen. Der moralische und populistische
       Unterbietungswettbewerb des CSU-Chefs ist keine Pflichtveranstaltung. Es
       muss auch anders gehen. Erbschaftsteuer, Gender Pay Gap, Ostrenten,
       Bund-Länder-Finanzen, Rente, Mieten – das sind die Arbeitsaufträge, für die
       CDU, CSU und SPD vor drei Jahren gewählt wurden. Es sind mithin Themen, die
       die Lebenswirklichkeit der Bürger berühren. Und: diese Themen stehen
       allesamt im Koalitionsvertrag. Sie sind also keine Kürthemen, um mal eben
       mit ein paar Gesetzen die Stimmung zu heben.
       
       Dennoch, die größte Beunruhigung bleibt. Seehofer wird sich nicht einhegen
       lassen. Der CSU-Vorsitzende ist bereit, für seine egozentrische
       Bayern-first-Politik die angespannte Lage im Lande weiter zu eskalieren. Um
       „Obergrenze!“ zu rufen, braucht der Mann keine CSU-Klausur. Dass ihm der
       Sozi Gabriel seinen großen Auftritt im Kanzleramt vermasselt hat, wird er
       nicht akzeptieren. Für die Politik und das Ansehen ihrer Vertreter ist das
       brandgefährlich.
       
       12 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
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