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       # taz.de -- Luxemburgs Außenminister Asselborn: „Ungarn aus der EU ausschließen“
       
       > Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn fordert Ungarns
       > EU-Ausschluss wegen der Flüchtlingspolitik. Ungarn reagiert prompt.
       
   IMG Bild: Asselborn: „Hier werden Menschen, die vor dem Krieg fliehen, fast schlimmer behandelt als wilde Tiere“
       
       Berlin taz/epd/rtr | Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat
       Ungarns Umgang mit Flüchtlingen scharf kritisiert. „Der Zaun, den Ungarn
       baut, um Flüchtlinge abzuhalten, wird immer länger, höher und
       gefährlicher“, sagte Asselborn der Tageszeitung Die Welt: „Ungarn ist nicht
       mehr weit weg vom Schießbefehl gegen Flüchtlinge.“ Jeder, der den Zaun
       überwinden wolle, müsse mit dem Schlimmsten rechnen: „Hier werden Menschen,
       die vor dem Krieg fliehen, fast schlimmer behandelt als wilde Tiere. Das
       kann doch nicht Europa sein.“
       
       Die ungarische Regierung von Viktor Orban setze Flüchtlinge mit Terroristen
       gleich, beklagte Asselborn: „Das ist unverantwortlich und zutiefst
       antieuropäisch.“ Ungarn hätte heute keine Chance mehr, Mitglied der
       Europäischen Union zu werden, sagte der Minister. Er forderte, das Land aus
       der EU auszuschließen.
       
       „Wir können nicht akzeptieren, dass die Grundwerte der Europäischen Union
       massiv verletzt werden. Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut
       oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der
       sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen
       werden.“ Dieser Schritt sei die einzige Möglichkeit, um den Zusammenhalt
       und die Werte der EU zu bewahren.
       
       Asselborn forderte zudem, die für eine Suspendierung der Mitgliedschaft
       nötige Einstimmigkeit im EU-Vertrag zu ändern: „Es wäre hilfreich, wenn die
       Regeln so geändert würden, dass die Suspendierung der Mitgliedschaft eines
       EU-Landes künftig keine Einstimmigkeit mehr erfordert.“
       
       Der ungarische Regierungschef Orban lehnt die Aufnahme von Flüchtlingen ab
       und setzt auf Abschreckung. Im vergangenen Herbst ließ er an den Grenzen zu
       Serbien und Kroatien Stacheldrahtzäune errichten. Im Oktober will die
       Regierung in einem Referendum abstimmen lassen, ob es einen EU-weiten
       Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge geben sollte.
       
       ## Reaktionen auf Asselborns Äußerungen
       
       Die Reaktionen aus Ungarn folgten prompt: Nur die Ungarn selbst haben das
       Recht zu entscheiden, „mit wem sie leben wollen und mit wem nicht“, sagte
       Ungarns Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó der Presseagentur MTI.
       Jean Asselborn sei schon in der Vergangenheit als „intellektuelles
       Leichtgewicht aufgefallen“. Aus seinen Äußerungen könne man erkennen, „dass
       dieses belehrende, pompöse und frustrierte Individuum“ wenige Kilometer von
       Brüssel zu Hause sei.
       
       Er bezeichnete den luxemburgischen Außenminister als „klassischen
       Nihilisten“, der sich schon lange als seriöser Politiker disqualifiziert
       habe. Asselborn arbeite unermüdlich daran, Europas Sicherheit und Kultur zu
       zerstören. Im Gegensatz dazu habe Ungarn im Laufe seiner Geschichte stets
       Europa stets verteidigt.
       
       Szijjártó findet es – in Anspielung auf die [1][Luxleaks-Steueraffäre] –
       „etwas sonderbar, dass Jean Asselborn und Jean-Claude Juncker die beide aus
       dem Land der Steueroptimierung kommen“, über die Teilung von Lasten
       sprechen. „Wir verstehen, was das wirklich heißen soll: Ungarn soll Lasten
       schultern, die durch die Fehler anderer entstanden sind“.
       
       Zuvor hatte bereits Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die
       Forderung seines luxemburgischen Kollegen Asselborn zurückgewiesen. „Das
       ist nicht meine persönliche Haltung, einem europäischen Mitgliedstaat die
       Tür zu weisen. Wir müssen uns den komplizierten Debatten, die es gibt, auch
       stellen“, sagte Steinmeier am Dienstag in Riga nach einem Treffen mit
       seinem baltischen Kollegen.
       
       13 Sep 2016
       
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