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       # taz.de -- Boykott „Klimaschutzplan 2050“: Keine Lust auf Beruhigungspille
       
       > Große Umweltverbände boykottieren die Anhörung zum abgeschwächten
       > „Klimaschutzplan 2050“. Das Umweltministerium hat Verständnis.
       
   IMG Bild: Schon mit einem Protest-Mittagessen Anfang September sollte der Plan geändert werden
       
       Berlin taz | Es war ein Prozess mit ungewöhnlich breiter Beteiligung. Vor
       der Erstellung des „Klimaschutzplans 2050“ hatte das
       Bundesumweltministerium letztes Jahr zu mehreren ganztägigen Foren
       eingeladen, an denen sich über 100 Organisationen beteiligten. Sie
       entwickelten 77 konkrete Vorschläge zum Klimaschutz, die anschließend in
       einem Onlinedialog diskutiert wurden.
       
       Doch nun haben vier große Umweltverbände keine Lust mehr auf weitere
       Beteiligung: Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz, der
       Naturschutzbund und die Umweltstiftung WWF boykottieren die
       Verbändeanhörung zum Klimaschutzplan, die an diesem Dienstag stattfindet.
       Denn von den Vorschlägen, die die Umweltgruppen eingebracht haben, sei im
       aktuellen Entwurf des Plans kaum mehr etwas zu finden, kritisieren die
       Organisationen in einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und
       Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). „Das entwertet den Beteiligungsprozess
       und macht den Klimaschutzplan wirkungslos“, heißt es.
       
       Auch der Bewegungsforscher Dieter Rucht, der den Beteiligungsprozess im
       Auftrag von Greenpeace analysiert hat, kritisiert eine „Missachtung“ der
       Ergebnisse durch die Politik. Wenn sie die Beteiligung als
       „Beruhigungspille“ behandele, verstärke die Regierung die „ohnehin schon
       vorhandene Entfremdung zwischen Bürgerschaft und ‚politischer Klasse‘“,
       schreibt Rucht.
       
       Der vom Bundesumweltministerium vorgelegte Plan soll aufzeigen, wie
       Deutschland die Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen einhalten will.
       Nachdem er zunächst von Wirtschaftsminister Gabriel abgeschwächt worden
       war, wurden später auf Druck des Kanzleramts fast alle Zwischenziele und
       Vorgaben für einzelne Sektoren wie Landwirtschaft oder Verkehr gestrichen.
       
       ## Nicht alle boykottieren
       
       Im Umweltministerium kann man den Boykott darum gut nachvollziehen. „Ich
       habe Verständnis dafür, dass Umweltverbände von der Bundesregierung
       einfordern, den guten internationalen Ergebnissen von Paris auch national
       Taten folgen zu lassen“, sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth der taz.
       Zugleich begrüßte er, dass „einige Umweltverbände an der Anhörung
       teilnehmen und ihre Sicht der Dinge in die Debatte einbringen“.
       
       Dem Boykott durch die vier großen Verbände mit ihren insgesamt zwei
       Millionen Mitgliedern haben sich nämlich nicht sämtliche Umweltgruppen
       angeschlossen. Die umwelt- und entwicklungspolitische Organisation
       Germanwatch etwa nimmt teil.
       
       Geschäftsführer Christoph Bals begrüßt den Boykott zwar als „starkes
       Signal“, meint aber auch: „Es wäre töricht, jenen Akteuren das Feld allein
       zu überlassen, die beim Klimaschutz noch stärker bremsen wollen.“ Das
       unterschiedliche Vorgehen bedeute keine Spaltung der Bewegung, sondern
       zeige vielmehr eine „intelligente Kooperation“.
       
       27 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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