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       # taz.de -- Bittere Posse um Reisepass: Briten verhören syrische Journalistin
       
       > Britische Grenzer verhören eine regimekritische syrische Journalistin und
       > beschlagnahmen ihren Pass, der als gestohlen galt. Nun sitzt sie fest.
       
   IMG Bild: Im Londoner Flughafen Heathrow wurde Zaina Erhaim eine Stunde festgehalten
       
       London taz | Der Arm des syrischen Diktators Baschar al-Assad reicht bis
       nach Großbritannien. Auf Anweisung der Regierung in Damaskus haben
       britische Grenzkontrollbeamte den Pass der regimekritischen syrischen
       Journalistin Zaina Erhaim beschlagnahmt, als sie am Freitag auf dem
       Londoner Flughafen Heathrow landete. Sie war zu an einer Veranstaltung auf
       dem Literaturfestival von Kew angereist.
       
       Erhaim wurde eine Stunde lang verhört, weil die syrische Regierung ihren
       Pass als gestohlen gemeldet hatte. Das Dokument wurde deshalb nach Damaskus
       zurückgeschickt. Ein Sprecher des britischen Innenministeriums sagte: „Wir
       hatten keine Wahl. Die Sicherheit unserer Grenzen hat oberste Priorität.
       Wenn eine ausländische Regierung einen Pass als gestohlen meldet, müssen
       wir ihn konfiszieren.“ Der Sprecher riet der Journalistin, sie möge sich
       ans syrische Konsulat in London wenden.
       
       Die 31-jährige Zaina Erhaim stammt aus Aleppo – ebenso wie ihr Mann Mahmoud
       Rashwani, der vor fünf Jahren von Assads Polizei ins Gefängnis gesteckt und
       wochenlang gefoltert worden war, wie er kürzlich in [1][einem Bericht der
       britischen Zeitung Guardian schrieb].
       
       Erhaim arbeitete von 2004 bis 2010 in Damaskus für das Nachrichtenportal
       Syria News, den Fernsehsender Orient TV und die Zeitung Al-Hayat. Als der
       Krieg 2011 in Syrien ausbrach, machte sie mithilfe des begehrten
       Chevening-Stipendiums der britischen Regierung gerade ihre Masterprüfung im
       Fach Journalismus in London.
       
       ## „In Syrien würde man mich umbringen“
       
       Danach berichtete sie für die BBC, trat 2013 aber dem „Institute for War &
       Peace Reporting“ als Koordinatorin für Syrien bei. Sie kehrte in ihr
       Heimatland zurück, während Zigtausende aus Syrien flohen.
       
       Zaina Erhaim bildete rund 100 Bürgerjournalisten aus, ein Drittel davon
       Frauen, die meisten ohne Schulabschluss. Dafür wurde sie im vorigen Jahr
       von Reporter ohne Grenzen als Journalistin des Jahres ausgezeichnet.
       Inzwischen lebt sie in der Türkei. „Ich weiß, dass man mich umbringen
       würde, sollte ich nach Hause zurückkehren“, sagt sie.
       
       Ob sie zurück in die Türkei kann, ist ungewiss: Ihr Visum befindet sich in
       dem beschlagnahmten Pass. Zwar besitzt sie noch ihren alten Pass, doch
       selbst wenn sie damit in die Türkei einreisen dürfte, könnte sie nicht
       wieder ausreisen, weil der Pass voll ist: Für ein weiteres Visum ist kein
       Platz.
       
       27 Sep 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.theguardian.com/world/2016/aug/13/syria-aleppo-siege-diary-air-strikes-mahmoud-rashwani
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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