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       # taz.de -- Anti-Terror-Razzien in Norddeutschland: Bayerns Innenminister weiß, was geht
       
       > Bei Razzien wurden drei mutmaßliche IS-Mitglieder in Schleswig-Holstein
       > festgenommen. Ein Haftrichter am BGH hört nun zwei der Männer an.
       
   IMG Bild: Guckt sich auch gerne schöne Decken an: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)
       
       Kiel/Karlsruhe/Köln dpa | Nach den Anti-Terror-Razzien in Norddeutschland
       werden zwei der drei festgenommenen Verdächtigen am Mittwoch beim
       Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe vorgeführt. Ein BGH-Ermittlungsrichter
       muss nach Anhörung der Männer darüber entscheiden, ob ihre Haftbefehle
       aufrecht erhalten werden und sie in Untersuchungshaft kommen. Das dritte
       mutmaßliche Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war schon am
       Dienstag beim BGH gehört worden.
       
       Die Männer im Alter von 17, 18 und 26 Jahren mit syrischen Pässen [1][waren
       am Dienstagmorgen in Flüchtlingsunterkünften in Schleswig-Holstein
       festgenommen worden]. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen
       Terrorverdachts. Nach Ansicht der Behörden waren sie im Auftrag des IS nach
       Deutschland gekommen, „um entweder einen bereits erhaltenen Auftrag
       auszuführen oder sich für weitere Instruktionen bereitzuhalten“.
       
       Das Thema beschäftigt am Mittwoch auch den Landtag in Schleswig-Holstein.
       Innenminister Stefan Studt (SPD) will am Nachmittag im Innen- und
       Rechtsausschuss in Kiel über die Razzien und die aktuelle Bedrohungslage
       berichten. Die FDP hat für die kommende Woche eine Aktuelle Stunde zu dem
       Thema im Landtag beantragt.
       
       [2][Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geht davon aus, dass die
       Verdächtigen einen Bezug zur Pariser Terrorserie im November 2015 haben].
       Es spreche alles dafür, dass dieselbe Schlepperorganisation, die bei den
       Attentätern von Paris aktiv gewesen sei, auch diese drei als Flüchtlinge
       getarnten Männer nach Deutschland gebracht habe. Bei den Beschuldigten
       Mahir Al-H. (17), Ibrahim M. (18) und Mohamed A. (26) könne es sich um eine
       „Schläferzelle“ handeln.
       
       Festgenommen wurden die Beschuldigten nach Informationen der Deutschen
       Presse-Agentur in Ahrensburg und Großhansdorf östlich von Hamburg sowie in
       Reinfeld nahe Lübeck. Sie galten zum Teil als „Vorzeige-Flüchtlinge“.
       
       Mahir Al-H. soll sich vor einem Jahr im syrischen Al-Rakka dem IS
       angeschlossen haben und dort im Umgang mit Waffen und Sprengstoff
       ausgebildet worden sein. Mit den beiden anderen Beschuldigten reiste er mit
       falschen Pässen über die Türkei und Griechenland nach Deutschland ein – im
       Gepäck waren nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft ein höherer
       vierstelliger Bargeldbetrag des IS und Mobiltelefone mit vorinstalliertem
       Kommunikationsprogramm.
       
       ## Forderung nach mehr Überwachung
       
       Der Essener Terror-Experte Rolf Tophoven warnt angesichts der jüngsten
       Entwicklung vor verstärkten IS-Aktivitäten in Europa. „Die jetzt
       Festgenommenen sind über die gleiche Route nach Europa gereist. Hier ist
       jetzt der Beweis erbracht worden, dass der IS europaweit ein Netzwerk von
       Schleppern, Fälschern, Kommunikativstrategen und möglichen Attentätern
       aufbaut“, sagte der Direktor des Instituts für Krisenprävention (IFTUS) der
       Passauer Neuen Presse.
       
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte den Zeitungen der Funke
       Mediengruppe: „Die eklatanten Kontrolllücken beim immensen Flüchtlingsstrom
       vor allem im Herbst letzten Jahres rächen sich.“ Tausende Menschen seien
       ohne ausreichend geprüfte Identität nach Deutschland gekommen. „Wir wissen
       mittlerweile, dass auch der IS diese Sicherheitslücken gezielt genutzt hat,
       um Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Europa zu schleusen.“
       
       Der BKA-Präsident Holger Münch sagte am Mittwoch im RBB-Inforadio, dass der
       IS gezielt Ängste in der Bevölkerung gegenüber von Flüchtlingen schüren
       wolle. Die Terrormiliz schleuse gezielt potentielle Attentäter über
       Flüchtlingrouten nach Europa, um so Flüchtlinge zu diskreditieren.“ Wir
       müssen realisieren, dass das auch ein Weg des Terrors ist“, sagte Münch am
       Mittwoch im RBB. „Aber es ist nicht der Flüchtlingsstrom selbst, sondern es
       ist ein Ausnutzen des Flüchtlingsstroms.“
       
       ## „Erfolg für Sicherheitsbehörden“
       
       Die Festnahmen bei den Anti-Terror-Razzien in Norddeutschland sind nach
       Ansicht von Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) ein Erfolg
       für die Sicherheitsbehörden. „Wir sind nicht wehrlos“, sagte Jäger am
       Mittwoch im WDR-Hörfunk. Polizei und Sicherheitsdienste arbeiteten sehr gut
       und sehr erfolgreich zusammen. „Wir arbeiten jeden Tag daran, dass es so
       bleibt.“
       
       Die Sicherheitslage in Deutschland habe sich nach den Festnahmen nicht
       verändert, sagte Jäger. „Dass Deutschland im Fadenkreuz des Terrorismus
       ist, wissen wir.“ Es gebe eine ganze Reihe von sogenannten Gefährdern in
       Deutschland. Sie könnten nicht alle rund um die Uhr überwacht werden. Die
       Polizei müsse deshalb in jedem Einzelfall die Risiken abschätzen und
       entsprechende Maßnahmen einleiten.
       
       14 Sep 2016
       
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