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       # taz.de -- Kommentar Waffenruhe in der Ukraine: Zeit für Zugeständnisse
       
       > Der Friedensprozess wird weiter angeschoben. Doch mit Russland muss
       > genauso verhandelt werden wie mit den Aufständischen.
       
   IMG Bild: Mal keine Raute: die Hände des ukrainischen Premierministers Groysman, während er neben Aryault und Steinmeier steht (nicht im Bild)
       
       Seit Mitternacht schweigen in der Ukraine die Waffen. Wieder einmal. Es ist
       von hoher Symbolkraft, dass der Waffenstillstand dieses Mal in Kiew
       verkündet wurde. Dies zeigt, dass keine Entscheidung an Kiew vorbei
       getroffen werden kann und dass die Ukraine auf dem diplomatischen Parkett
       noch aktiver werden muss.
       
       Der Weg zur Rückgewinnung des Donbass führt über die Herzen der Menschen
       dort. Mit Schüssen auf Wohnhäuser und Bushaltestellen, einer
       Wirtschaftsblockade, Rufe wie „Tod dem Feind“, wie sie regelmäßig auf dem
       Maidan zu hören sind, und der Streichung der Renten kann man aber keine
       Herzen gewinnen. Kiew muss eine Antwort auf die Befürchtungen der
       Bevölkerung im Donbass haben. Deswegen muss eine Amnestie her für alle, die
       gekämpft haben, Kriegsverbrecher natürlich ausgenommen.
       
       Georgien könnte ein Vorbild sein. Auch dort gibt es Separatisten, die nur
       dank militärischer Hilfe aus Russland politisch überleben können. Doch in
       Georgien gibt es auf zivilgesellschaftlicher und staatlicher Ebene einen
       Dialog mit den aufständischen Gebieten, das Land hat ein eigenes
       Versöhnungsministerium, das sich aktiv in diesen Dialog einbringt.
       
       Und Moskau? Steinmeier hat von Moskau die Zusage erhalten, dass die Waffen
       schweigen werden. Nur wer selbst schießt, kann zusagen, damit aufzuhören.
       Nun gilt es, an einem Abzugsplan der russischen Soldaten aus dem Donbass zu
       arbeiten.
       
       ## Mit Russland verhandeln
       
       Kiew wird sich auf Zugeständnisse wie die Gewährung eines Sonderstatus im
       Donbass, Kommunalwahlen in Donezk und Lugansk und auf eine Amnestie
       einlassen müssen. Im Gegenzug müssen westliche Länder der Ukraine etwas
       anbieten: Kredite und Visafreiheit. Dass der IWF der Ukraine nach
       einjähriger Pause wieder einen Milliarden-Kredit auszahlt, ist darum
       erfreulich. Die Ukraine will den neuen Kredit zur Aufstockung der
       Devisenreserven nutzen. Schade: In Sozialleistungen wäre das Geld besser
       investiert.
       
       Am heutigen Donnerstag werden die Außenminister Deutschlands und
       Frankreichs, Steinmeier und Ayrault, die von Kiew kontrollierte Stadt
       Kramatorsk im Donbass besuchen. Doch warum bleiben sie auf halbem Weg
       stehen und fahren nicht weiter nach Donezk? Wer mit der russischen Führung
       verhandelt, sollte dies auch mit der Führung in Donezk und Lugansk tun. Der
       Krieg in der Ukraine ist ein Krieg Russlands gegen die Ukraine.
       Gleichzeitig ist er aber auch ein innerukrainischer Krieg. Und genau
       deswegen muss mit Russland genauso verhandelt werden wie mit den
       Aufständischen.
       
       15 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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