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       # taz.de -- Smartphone-Serie: Ostfriesen-Grusel fürs weltweite Publikum
       
       > Matthias Sdun arbeitet an einer Mystery-Serie fürs Handy. Er hofft, dass
       > sich für „Lostfriesland“ auch die Nachfahren ausgewanderter Norddeutscher
       > interessieren
       
   IMG Bild: Ist Osfriesland das Transsylvanien von Norddeutschland? Matthias Sdun sieht da Potenzial
       
       Bremen taz | Bei so einem guten Titel muss es doch klappen:
       „Lostfriesland“, da klingt einiges an von dem, was Matthias Sdun plant und
       teils auch schon auf den Weg gebracht hat. Das englisch-deutsche Wortspiel
       klingt international verständlich, und tatsächlich hofft Sdun darauf, dass
       sich auch in den USA Menschen seine Serie auf ihren Smartphones ansehen
       werden. „Lost“, das spielt natürlich auch auf die immens erfolgreiche
       US-amerikanische Mystery-Serie an – folgerichtig, denn auch das, woran Sdun
       arbeitet, handelt von einer Gruppe Verlorengegangener. In seinem Fall sind
       es amerikanische Jugendliche – in Ostfriesland.
       
       Matthias Sdun ist selbst im kleinen Dorf Hinte bei Aurich aufgewachsen, und
       die dunklen, nebelverhangenen Wintertage regten seine Fantasie an. Wo die
       meisten Menschen nur banales, flaches Land erkennen, sieht er seit seiner
       Kindheit eine ideale Kulisse für Schauergeschichten – und so eine will er
       nun erzählen.
       
       Während eines Stipendiums in den USA fiel ihm auf, wie häufig US-Bürger in
       den Heartland-Staaten wie Minnesota deutsche Vorfahren haben; auch, dass
       viele von ihnen sich für Ahnenforschung interessieren. Für dieses
       Zielpublikum wollte er eine Serie in Norddeutschland drehen und verband das
       mit seiner Vision von Ostfriesland als dem Transsylvanien Deutschlands.
       
       Ein Trailer lief bereits auf dem Filmfest in Emden: Wälder und Felder in
       gruselig fahlem Grün, eingeblendete Grabsteine und eine schemenhafte
       weibliche Figur im Watt. Darin wird auch eine Protagonistin eingeführt: Die
       amerikanische Journalistin Jade Meyer (Julia Turkali) lebt in Hamburg und
       untersucht das Verschwinden von sechs jungen Landsleuten, die vor sieben
       Jahren bei einer Reise durch Ostfriesland spurlos verschwanden.
       
       ## Statt ins Fernsehen in die Netzwerke
       
       Genau genommen ist dieser Trailer schon ein Stilbruch: Das meiste darin
       wurde noch mit einer klassischen, professionellen Kamera fotografiert und
       dann im Stil eines Kinotrailers geschnitten. „Lostfriesland“ insgesamt aber
       soll auf dem Smartphone entstehen – und von den Usern, Pardon, Zuschauern
       ebenfalls auf Smartphones angesehen werden; alternativ über YouTube,
       Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat.
       
       So ist „Lostfriesland“ auf der Höhe der Zeit – zumindest als Konzept. Dass
       nicht Kino oder Fernsehen, sondern die sozialen Netzwerke
       Verbreitungskanäle sind, ändert auch den Stil des Erzählens: Die fiktive
       Protagonistin Jade Meyer hat reale Accounts in den verschiedenen
       Netzwerken; sie bloggt, postet Videos. Ein anderer Protagonist ist der
       Blogger Keno Brook, der ebenfalls Videos von grotesken und unerklärlichen
       Geschehnissen bei YouTube verbreitet.
       
       Jade und Keno werden sich zusammen auf die Suche nach den Verschwundenen
       machen, sie werden einander näher kommen – und Keno wird tiefer in das
       Geheimnis verwickelt sein, als er zugibt: So viel hat Sdun bereits
       verraten. Die Geschichte hat er zusammen mit dem Drehbuchautor John
       Hörnschemeyer konzipiert. Das Script aber eher offen gehalten: Später soll
       ja das Publikum mitbestimmen, in welche Richtung die Geschichte sich
       weiterentwickelt.
       
       Als wäre das Projekt nicht schon kompliziert und ehrgeizig genug, will
       Sdun, selbst lange als Videoreporter unterwegs, obendrein fiktive und
       dokumentarische Elemente mischen. Die Blogs und Handyvideos, die –
       vermeintlich – Jade und Keno ins Netz stellen, entstammen zum Teil Sduns
       eigenen journalistischen Arbeiten über Themen wie die Auswanderungswellen
       von Ostfriesland nach Übersee oder lokale Mythen wie die Geschichte vom
       „Emder Geisterschiff“.
       
       Es sei ein „NDR-Gewächs“, sagt Sdun selbst. Er hat Dokumentationen fürs
       Fernsehen gemacht, auch für die Satiresendung „Extra 3“ hat er gearbeitet.
       Dann hat er sich mit einer Produktionsfirma selbstständig gemacht und neue
       Formate fürs Fernsehen entwickelt. „Lostfriesland“ hat er als Projekt
       angelegt, das „langsam wachsen soll“.
       
       Produzierern kann er sehr kleinteilig, denn die mit den Smartphones
       gedrehten Filme sind meist nur wenige Minuten lang und können insgesamt
       ohne viel technischen Aufwand produziert werden. Später sind auch
       Live-Übertragungen via Facebook geplant, bei denen die User durch ihre
       Kommentare und Vorschläge direkt ins Geschehen eingreiffen können. Dieses
       Format entspricht den Sehgewohnheiten der angestrebten Zielgruppe von
       Digital Natives im Alter „ab Mitte 20“ und die Produktionskosten sind
       gering.
       
       Doch auch so ein Projekt will finanziert werden. Sdun kann sich zwar eine
       Koproduktion mit einem Fernsehsender oder Filmproduzenten vorstellen, setzt
       aber eher, dem Medium und der Zielgruppe angemessen, auf Crowdfunding, das
       im November losgehen soll.
       
       [1][www.sdun.net]
       
       29 Sep 2016
       
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