# taz.de -- WTO-Studie zur Globalisierung: Arbeitsmigration statt Güterströme
> Der Welthandel wächst immer langsamer, die WTO warnt vor einem Einbruch.
> Der Trend geht zu digitalem Datenverkehr und Sharingangeboten.
IMG Bild: Wer will schon etwas von rostigen Containern wissen, wenn sie flinke Datenströme haben kann?
Berlin taz | Geradezu verschämt ist in der Nacht zum Montag das
Containerschiff „Hanjin Harmony“ in den Hamburger Hafen eingelaufen – voll
beladen, aber drei Wochen zu spät. Zuvor hing der Mega-Frachter „Hanjin
Europe“ über zwei Wochen in Hamburg fest.
Die Verzögerungen nach der Pleite der südkoreanischen Reederei Hanjin
könnten sinnbildlich für die aktuellen Zahlen zum Wirtschaftswachstum
stehen, die [1][die Welthandelsorganisation (WTO) am Dienstag
veröffentlichte]: Der Welthandel wächst immer langsamer.
Der Handel mit Gütern wächst zwar um 1,7 Prozent – es ist aber das
geringste Wachstum seit dem Finanzkrisenjahr 2009. Noch im April hatte die
WTO mit knapp drei Prozent Wachstum gerechnet, nun musste sie die Zahlen
korrigieren.
Verantwortlich für den Rückgang soll die strauchelnde Konjunktur in
Schwellenländern wie China und Brasilien sein, aber auch das geringere
Wachstum in Nordamerika, heißt es in dem Bericht.
„Die dramatische Verlangsamung im Welthandel sollte als Weckruf dienen“,
sagte der WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo. Er warnte vor politischen
Entscheidungen, die den freien Handel erschweren könnten.
## Scharfer Wind gegen Freihandel
Großen Freihandelsabkommen wie TTIP schlägt zurzeit ein scharfer Gegenwind
aus Europa entgegen. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt in
seinem aktuellen Ausblick vor einem ausgebremsten Welthandel.
„Wir befinden uns nicht vorübergehend in einem Tal, wir erleben einen
Trend“, sagt der Hamburger Ökonom Thomas Straubhaar. „Der Welthandel hat
seinen Gipfel überschritten – das ist aber nicht schlimm.“ Der globale
Handel erfahre derzeit tiefgreifende Veränderungen. Die traditionellen
Güterströme zwischen Staaten gingen zurück, Arbeitsmigration nehme zu.
„Statt Container von China nach Europa zu transportieren, kommen Arbeiter
aus Asien zum Produzieren nach Europa“, so Straubhaar. Statt physische
Güter zu verschiffen, schicke man Daten und Dateien um die Welt, sagt der
Professor für Volkswirtschaft. „Wir müssen uns vom Bild vom
Exportweltmeister Deutschland langsam lösen.“ Wertschöpfung funktioniere
heutzutage immer mehr über Sharing-Angebote wie Uber, Airbnb oder andere
digitale Plattformen.
Auch das Bruttoinlandsprodukt verliere an Aussagekraft für die
Wirtschaftsstärke. Gerade der Zusatz „-inland“ sei in Zeiten des Handels in
virtuellen Netzwerken überholt.
29 Sep 2016
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DIR [1] https://www.wto.org/english/res_e/publications_e/wtr16_e.htm
## AUTOREN
DIR Markus Sehl
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