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       # taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Mission zum Mars
       
       > Beate Scheder empfiehlt tierische Kollaborationen bei Meyer Riegger, die
       > neuen Räume der Galerie Wentrup und Marianne Vlaschits' Weltraumausflug
       
   IMG Bild: Marianne Vlaschits, „*a disturbance travelling through a medium*“, 2016 Installationsansicht
       
       Als Carsten Höller vor sechs Jahren den Hamburger Bahnhof mit Rentieren
       bevölkerte, wurde noch wild über die Rolle von Tieren in der Kunst
       diskutiert. Mittlerweile scheint diese gefestigt, was zuletzt etwa Anne
       Imhof am selben Ort mit zahmen Falken bewies.
       
       Auch für Björn Braun ist es nicht das erste Mal, dass er sich
       Kollaborateure in der Tierwelt suchte. Für seine Schau bei [1][Meyer
       Riegger] unter anderem Mäuse, Raben, Würmer und Kaninchen. Im Tiergarten
       hatte er Kartoffeln, Äpfel und Rettiche verteilt, die er von diesen
       anknabbern ließ.
       
       Interessanterweise vertilgen die Würmer, Nager und Vögel solches Futter
       nämlich nie ganz und auf einmal, sondern peu à peu und wenn man so will
       partizipativ. Anschließend sammelte Braun Obst und Wurzeln wieder ein, goss
       die Formen in Industriebeton, Gips und Zinn ab und türmte sie zu Säulen
       auf.
       
       Ohne Anfang und Ende wie bei Brancusi, jedoch mit den Bissspuren der Tiere,
       mal kleiner, mal größer. Wer mag, kann versuchen, sie den Spezies
       zuzuordnen.
       
       Surreale Bewegtbilder 
       
       Nicht die Fauna, sondern die Flora ist – wie so häufig – Thema der
       Videoarbeiten [2][Hicham Berradas], mit denen die Galerie Wentrup ihre
       neuen zusätzlichen Räume [3][WNTRP] an der Potsdamer Straße einweiht.
       Berrada beschäftigt sich darin mit Blüten, mit der Ästhetik von
       Blütenständen.
       
       Scheinbar, denn das, was der Künstler da mit Hochgeschwindigkeitskameras
       aufgenommen und in Zeitlupe zu surrealen Bewegtbildern ausgedehnt hat,
       imitiert die irre Selbsterhaltungskraft der Natur nur. In Wirklichkeit sind
       es Formationen von Eisenteilchen in Flüssigkeit über einem Magnetfeld.
       
       Die Galerie als Raumschiff 
       
       „Is there Life on Mars?“ Aber ja, und zwar weibliches. Zumindest wenn es
       nach [4][Marianne Vlaschits] geht. Die Künstlerin hat in ihrer Ausstellung
       bei [5][Duve] die Galerieräume in das Innere eines Raumschiffs verwandelt,
       in dem eine weibliche Besatzung sich auf die Reise zum roten Planeten
       begibt.
       
       Die Idee ist eigentlich mehr als naheliegend – Frauen sind leichter und
       verbrauchen weniger Lebensmittel –, dennoch gibt es bislang kaum
       Raumfahrerinnen. Von dieser Überlegung, die die Nasa bereits in den 1960ern
       aufstellte, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen, geht Vlaschits aus und
       spinnt sie weiter zur feministischen Utopie.
       
       Sie entwirft einen matriarchal geprägten Kosmos in Pink- und Blautönen
       inklusive kultureller Mission. Ihr Raumschiff transportiert nämlich nicht
       nur ihre Weltraumpionierin, sondern auch comichafte Gemälde und eine
       Heldengalerie der vier (fiktiven) ersten Frauen auf dem Mars.
       
       Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
       immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
       
       28 Sep 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.meyer-riegger.de/
   DIR [2] http://www.hichamberrada.com/
   DIR [3] http://www.wntrp.com/
   DIR [4] http://www.mariannevlaschits.com/
   DIR [5] http://www.duveberlin.com/
       
       ## AUTOREN
       
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