# taz.de -- Seehofers Regierungserklärung: Einmal kein Wort zu Merkel
> Horst Seehofer hält eine Regierungserklärung – und gibt sich im Streit
> über die Flüchtlingspolitik zahm. Seine Forderung: mehr Heimatliebe.
IMG Bild: Mehr Heimatliebe wagen: Horst Seehofer bei seiner Regierungserklärung
München taz | Auf in die nächste Runde. Die Sommerpause ist vorbei, der
Bayerische Landtag ist am Mittwoch zum ersten Mal wieder zusammengetreten –
und durfte gleich zu Beginn einer Regierungserklärung von Ministerpräsident
Horst Seehofer lauschen. Die Erwartung war groß.
Das Überraschendste an Seehofers Rede war dann aber vielleicht, was die
Oppositionsführer festhielten: Er müsse dem Ministerpräsidenten Lob zollen,
gestand Markus Rinderspacher (SPD). Zum ersten Mal seit einem Jahr habe
Seehofer geredet, ohne einen Frontalangriff gegen die Bundeskanzlerin zu
starten.
Und tatsächlich: Der Name Merkel war in Seehofers Rede kein einziges Mal
gefallen. „Fast ein ganz anderer Horst Seehofer“ sei das gewesen, fand
Rinderspacher. Und fügte hinzu: „Das war ja ein Fidel Castro, den Sie hier
heute gegeben haben.“ Letzteres dürfte sich aber mehr darauf bezogen haben,
dass Seehofer seine Redezeit gut eine halbe Stunde überzogen hatte.
In knapp 80 Minuten hatte Seehofer einen Parforceritt unter dem Titel
„Kontinuität und Weitblick“ hingelegt – von Steuergerechtigkeit über
Zuwanderung und Flughafenausbau bis hin zur „Heimatliebe“. Erstmals machte
sich der CSU-Chef in seiner Rede für den Bau der umstrittenen dritten
Startbahn am Münchner Flughafen stark. „Die Zahl der Flugbewegungen steigt
und soll sich fortsetzen. Deshalb glaube ich, dass wir über diese Frage
jetzt entscheiden sollten.“ Da das aber nur in Zusammenarbeit mit der
Landeshauptstadt München geht, die Flughafen-Mitgesellschafter ist, will
die CSU nun einen neuen Bürgerentscheid. In einer ersten Abstimmung hatten
sich die Münchner 2012 gegen eine dritte Startbahn ausgesprochen.
Entscheidungsstark gab sich der Regierungschef auch bei dem geplanten Umzug
des Gesundheitsministeriums nach Nürnberg, der auch in den eigenen Reihen
für Unmut gesorgt hatte: „Ich lasse da nicht locker, es wird so kommen.“
## Obergrenze und Leitkultur
Natürlich sprach Seehofer auch über das Thema Flüchtlinge und machte sich
erneut für eine Obergrenze stark. „Wir schaffen es nicht, nochmals eine
Million Menschen aufzunehmen.“ Deutschland brauche ein
Einwanderungsbegrenzungsgesetz, in dem eine Obergrenze festgeschrieben sei.
„Wenn wir nicht begrenzen, werden wir die Humanität auf Dauer nicht
gewährleisten können.“
Seehofer gewährte auch einmal mehr einen Einblick in das, was sich die CSU
unter Leitkultur vorstellt: Rechtsstaatlichkeit, Toleranz,
Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Meinungs- und Religionsfreiheit.
Warum es aber die geforderte Änderung der bayerischen Verfassung braucht,
um diese Selbstverständlichkeiten unter dem Begriff Leitkultur
festzuschreiben, diese Antwort blieb der CSU-Chef erneut schuldig.
Vielleicht wegen der Trachtler? „Gerade auch die neuen Mitbürger lieben die
bayerische Lebensart“, sagte Seehofer. „Und gerade sie verstehen überhaupt
nicht, wenn über bayerischen Patriotismus die Nase gerümpft wird, wenn
einsame Querköpfe unsere Trachtler und Schützen madig machen – so war es
beim G-7-Gipfel. Wir sind stolz auf unsere Trachtler und Schützen. Wir sind
stolz auf Bayern. Wir feiern Bayern.“
28 Sep 2016
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DIR Dominik Baur
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