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       # taz.de -- Gastauftritt bei Bremer SPD-Klausur: SPD verhört Grüne
       
       > Bei der Tagung der SPD-Fraktion tritt Maike Schaefer auf: Die Chefin der
       > Bürgerschafts-Grünen soll ihre Haltung zum Offshore Terminal-Projekt
       > erklären
       
   IMG Bild: Seit 2012 in Betrieb: Terminal 2 der Offshore Base Cuxhaven. Mehr braucht die Branche nicht
       
       Bremen taz | Wenn die grüne Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer am heutigen
       Donnerstag zu Gast ist auf der Fraktionsklausurtagung des
       Koalitionspartners, wird sie den SPD-Abgeordneten noch einmal erklären
       müssen, was die grüne Landesmitgliederversammlung am Samstag beschlossen
       hat. Nämlich kein „scheibchenweises Abrücken“ vom geplanten Offshore
       Terminal für Windkraftanlagen in Bremerhaven (OTB), wie es am Dienstag der
       Bremerhavener SPD-Abgeordnete Elias Tsardilidis den Grünen vorwarf.
       
       Zuvor hatten bereits der SPD-Fraktionsvorsitzende der Bremerhavener
       Stadtverordnetenversammlung Sönke Allers den Grünen wegen ihres
       OTB-Beschlusses „Unkenntnis und Ahnungslosigkeit“ unterstellt. Und die
       SPD-Landesvorsitzende Sascha Karolin Aulepp hatte behauptet, mit dem
       Beschluss solle bloß die „grüne Parteiseele gestreichelt werden“.
       
       „Ich frage mich wirklich, ob die den Beschluss gelesen haben“, sagte am
       Dienstag Maike Schaefer der taz. „Wir wollen eine neue Berechnung der
       Wirtschaftlichkeit des OTB – aber erst, wenn das Gericht entschieden hat,
       dass der OTB überhaupt gebaut werden darf.“
       
       Wie berichtet hatte der Umweltschutzverband BUND gegen das Neubauvorhaben
       wegen nicht zu rechtfertigenden Eingriffen in ein Naturschutzgebiet
       geklagt. Schaefer verweist darauf, dass im Koalitionsvertrag vereinbart
       worden sei, das Projekt laufend zu überprüfen. Jetzt, zu einem Zeitpunkt,
       an dem die Wirtschaftlichkeit aufgrund einer Reihe von neuen Entwicklungen
       in Frage steht, sei eine solche Prüfung unerlässlich.
       
       Grund ist, dass gerade einmal 40 Kilometer nördlich die Offshore Basis
       Cuxhaven schon jetzt die benötigten Anlagen bereitstellt: Das 2012
       eröffnete zweite Spezialterminal ist längst nicht ausgelastet, und wird es
       auch nicht sein, wenn Siemens Fertigungsanlagen dort Volllast fahren. Seit
       Juni baut Siemens Wind Power für rund 200 Millionen Euro sein
       Produktionswerk für Offshore-Gondeln, -Generatoren und Naben.
       
       Die ganze OTB-Berechnung ging aber von Siemens als wichtigstem Nutzer aus.
       Bleibt als zweiter Großkunde noch die Adwen GmbH. Die baut in Bremerhaven
       zwar weiterhin Turbinen. Doch bei der haben sich im Sommer die
       Besitzverhältnisse geändert. Sie gehört zur Hälfte der spanischen Gamesa
       Corporación Tecnológica – die Siemens im Juni aufgekauft hat. Also der
       Weltkonzern, der gerade seine Offshore-Aktivitäten in Cuxhaven
       konzentriert. Da kann es sinnvoll sein, das neue ökonomische Gesamtbild
       noch einmal zu besichtigen.
       
       Das allerdings findet die SPD nicht: „Man kann doch nicht bei jeder sich
       verändernden Rahmenbedingung ein neues Gutachten anfordern“, sagt
       Tsardilidis. Die Grünen hätten sich im Koalitionsvertrag vor einem Jahr auf
       den Bau des OTB eingelassen und sollten diese „politische
       Entscheidungsgrundlage“ nicht infrage stellen.
       
       „Ich fände es unverantwortlich, ein solches Projekt, das den Steuerzahler
       180 Millionen Euro kostet, einfach durchzuziehen“, sagt Schaefer, und
       erinnert daran, dass die große Koalition im Bund auch die Gesetzeslage
       verändert hat. Zuungunsten der Offshore-Industrie. Folge: Der ursprünglich
       erwartete Boom bleibt bislang aus. Zweifel daran, dass sich der Markt in
       absehbarer Zeit wieder zugunsten der Offshore-Technik in Bremerhaven
       wendet, haben Schaefer zufolge auch SPD-Abgeordnete. Die würden dies aber
       nicht offen sagen.
       
       Sie müssen sich dafür vom hafenpolitischen Sprecher der Linkspartei, Nelson
       Janßen sagen lassen, sie hätten „jeden Bezug zur Realität verloren“, wenn
       sie „eine Anpassung der Planung an die veränderten politischen und
       wirtschaftlichen Gegebenheiten mit aggressiver Rhetorik und verzweifelten
       Denkverboten verhindern“ wollten. Noch schmerzhafter für die GenossInnen:
       Auch Rudolf Hickel stützt die Position Schaefers. Der
       Wirtschaftswissenschaftler hat großen Einfluss in der Partei, nicht nur
       weil er er Doktorvater des heutigen Bürgermeisters Carsten Sieling ist.
       
       Jetzt empfiehlt ausgerechnet der keynesianische Professor, die
       OTB-Investition noch einmal auf ihre Erfolgsaussichten zu überprüfen: „Die
       Forderung nach einem aktualisierten Gutachten über die Wirtschaftlichkeit
       des OTB durch die Grünen ist sinnvoll“, so Hickel. Erstellt werden müsse
       das allerdings von einem anderen Unternehmen, als der Prognos AG, von der
       Bremens Senat die erste Rentabilitätsberechnung fürs Projekt hatte
       anstellen lassen. „Die Prognos-Gutachter sind viel zu stark mit den
       politischen Interessen des Hafensenats verknüpft“, so Hickels Urteil.
       
       Schaefer wird bei der SPD auch den Beschluss der Grünen-Partei zur
       Weservertiefung verteidigen müssen. Nach dem das Bundesverwaltungsgericht
       die bisherigen Pläne kassiert hat, fordert die, alle Vertiefungsgedanken zu
       beerdigen. Indiskutabel, findet Tsardilidis. Er hält am Ausbau von Außen-,
       Unter und Mittelweser fest. „Das muss man nicht ohne Not aufgeben.“
       
       28 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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