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       # taz.de -- Neues Erbschaftsteuergesetz: Für die Konzernerben
       
       > Die schwarz-rote Koalition beschließt ein neues Erbschaftsteuergesetz.
       > Das soll vor allem Unternehmer bedienen, kritisiert die Linkspartei.
       
   IMG Bild: Bereitet den Reichen Freude
       
       Das Ringen um die Erbschaftsteuer hat ein Ende – zumindest für diese
       Legislaturperiode. Eine Woche nach dem Kompromissvorschlag des
       Vermittlungsausschusses wurde dieser im Bundestag mit den Stimmen der
       Regierungskoalition angenommen. Die Opposition stimmte dagegen. Die
       Linkspartei warf den Grünen Unglaubwürdigkeit vor.
       
       Großes Interesse an der Diskussion zeigte die Regierungskoalition nicht:
       Die während der Abstimmung schon schwach gefüllten Reihen der Union
       lichteten sich weiter, als Dietmar Bartsch nach vorn trat. Die SPD war nur
       mit einer Handvoll Abgeordneter erschienen.
       
       „Am Ende wurden die Forderungen der Unternehmenslobby fast vollständig
       bedient“, kritisierte Bartsch. Als Beispiel nannte er die BMW-Eignerfamilie
       Quandt, deren Vermögen im Jahr 2015 mit 26,5 Milliarden Euro beziffert
       wurde. Diese Riesenkonzerne seien weiterhin steuerlich begünstigt.
       
       Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses sieht vor, dass
       Unternehmensvermögen bis zu 26 Millionen Euro quasi steuerfrei vererbt
       werden könne, wenn die bestehenden Arbeitsplätze erhalten bleiben. Ab 90
       Millionen Euro soll die Steuer schrittweise zunehmen. Aber auch Konzerne
       mit Milliardenwert lassen sich ohne nennenswerte Steuerbelastung vererben.
       
       ## Das Argument: Arbeitsplätze
       
       „Sie kommen dann immer mit dem Argument Arbeitsplätze“, sagte Bartsch. Es
       habe aber keinen einzigen Fall gegeben, in dem ein Unternehmen wegen der
       Erbschaftsteuer pleite gegangen sei. Stattdessen gehe die Schere zwischen
       Arm und Reich immer weiter auseinander.
       
       Doch auch die Grünen bekamen ihr Fett weg. „Tapfer dagegen gestimmt“,
       attestierte Bartsch. Im Vermittlungsausschuss habe mit Thüringen aber nur
       ein einziges von den Grünen mitregierte Bundesland gegen den Kompromiss
       gestimmt. „Ich finde, das ist nur begrenzt glaubwürdig.“
       
       Während der CSU-Politiker Hans Michelbach Bartsch eine „Neidkampagne“
       vorwarf, betonte die Grüne Anja Hajduk, in welch schwieriger Situation ihre
       ParteikollegInnen in den Ländern gewesen seien: Es habe ein Kompromiss aus
       dem Vermittlungsausschuss vorgelegen, dem alle Ministerpräsidenten
       zugestimmt hätten, sagte Hajduk. Abgesehen von Baden-Württemberg sei das
       Ergebnis für die grün mitregierten Länder unbefriedigend. Es werde noch
       eine „sehr schwierige Abwägung sein“, wie die Länder sich nun im Bundesrat
       verhalten würden. Das halte die Fraktion nicht davon ab, die „gravierenden
       Schwächen“ zu benennen.
       
       Auch in der Koalition brodelt es. Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe
       nannte den Kompromiss einen „Minimalkonsens, nicht mehr und nicht weniger“.
       Deswegen unterstütze die Fraktion die Forderung der sozialdemokratischen
       Arbeitsministerin Andrea Nahles, in der nächsten Legislatur zu einer
       Erbschaftsteuer zu kommen, „die den Namen auch verdient“. Die Grünen nannte
       Kiziltepe das „Zünglein an der Waage“. Leider habe sich Ministerpräsident
       Kretschmann für die „andere Seite“ entschieden und damit sei „kein besseres
       Ergebnis herausgekommen“. Diese Worte sorgten für empörtes Getöse aus den
       Reihen der Union.
       
       Nach dem Bundestag muss im Oktober der Bundesrat über die Gesetzesreform
       abstimmen. Die Reform war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht
       die geltende Rechtslage Ende 2014 wegen zu starker Begünstigung der
       Firmenerben für verfassungswidrig erklärt hatte.
       
       29 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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