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       # taz.de -- Kolumne Generation Camper: Orte, die seltsam sind
       
       > „Die seltsamsten Orte der Welt“ ist ein Buch, das eine Zwischenwelt
       > sichtbar macht. So unvoreingenommen, dass es die starre Geografie neu
       > belebt.
       
   IMG Bild: Vielleicht wird daraus eine Insel – LKW-Wrack im Roten Meer
       
       Alastair Bonnetts Buch „Die seltsamsten Orte der Welt“ ist kein
       touristisches Buch. Was heißt: Es begründet keine wie immer gearteten
       „Musts“, die man besuchen sollte oder überhaupt besuchen könnte. Diese
       „seltsamen“ Orte sind Ausnahmen im Reigen konkurrierender
       Sehenswürdigkeiten. Es gibt sie und es gibt sie nicht, sie sind
       menschengemacht, aber nicht unbedingt bewohnbar. Zum Beispiel: Durch den
       Pazifik vagabundiert eine Insel aus Müll. Sie ist riesig, mindestens
       zweiundzwanzig Mal so groß wie Belgien. Sie wächst stetig, aber sie zu
       betreten empfiehlt sich nicht.
       
       Gleichwohl abzuraten ist der Besuch von Orten, die offiziell von allen
       Landkarten getilgt wurden. Das radioaktiv verseuchte Prypjat nahe dem AKW
       Tschernobyl kennt alle Welt. Aber es gibt weitere, uns völlig unbekannte
       Orte. Anderseits: Wo niemand einen Ort vermutet, etwa auf dem Parkdeck des
       Flughafens Los Angeles, ist eine lebendige, wohnmobilistische
       Pendlersiedlung entstanden. Es sind also lauter Merkwürdigkeiten, die
       dieser britische Geografieprofessor zusammengetragen hat. Zu empfehlen ist
       es trotzdem.
       
       Bonnett schaut genau hin. Er macht eine Art Zwischenwelt sichtbar, die
       unsere rasterhafte Weltsicht ungemein bereichern kann. Seine
       Unvoreingenommenheit bringt Leben in eine starre Geografie. Oft geht es in
       dieser Zwischenwelt düster zu. Aber einige von Bonnetts Orten lassen sich
       auf gängige Weise auch als pittoresk, abenteuerlich oder historisch
       bezeichnen und somit gut vermarkten. Sie sind auch im touristischen
       Universum bekannt.
       
       Etwa die unterirdischen Städte Kappadokiens. Sie haben zumindest
       touristisches Potenzial. Beispielsweise „Nowhere“, ein Ort, der
       Leichtigkeit und Freiheit atmet und an Landart-Projekte à la Christo
       erinnert. „Nowhere“ ist ein Pendant zum „Burning Man“ (USA). Jedes Jahr
       aufs Neue entsteht es im spanischen Aragonien. Und verschwindet dann wieder
       – ohne eine Spur. Alles nur seltsam? Zu anderen Zeiten hätte man vielleicht
       „Wunder“ gesagt.
       
       2 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christel Burghoff
       
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