URI: 
       # taz.de -- Kölner Magazin „StadtRevue“ wird 40: Immer noch im Kollektiv
       
       > Das Stadtmagazin „StadtRevue“ feiert ein Jubiläum, das nur wenige
       > schaffen. Wie konnte das passieren? Ein Exmitarbeiter erinnert sich.
       
   IMG Bild: Bis 2003 geschah der Aboversand per Hand in der Redaktion (im Bild der letzte Vertrieb)
       
       Das Blatt hat so einiges überlebt: heftige politische Auseinandersetzungen
       innerhalb des Kollektivs, Beschlagnahmungen, einen verlorenen Prozess gegen
       den Oberstadtdirektor – und drei Jahre in den 90ern sogar mich als
       Redakteur. Aber es gab auch gute Zeiten: Die Krise der New Economy 2002
       meisterte der Laden ganz locker: „Wir hatten auf die Digitalisierung
       irgendwie nicht reagiert“, sagt Musikredakteur Felix Klopotek, „und dadurch
       im Internet kein Geld verbrannt.“
       
       Die StadtRevue, Kölns linkes Stadtmagazin, feiert an diesem Wochenende
       ihren 40. Geburtstag. In diesem Jahr geht auch der erste Mitarbeiter in der
       Geschichte des Betriebs in Rente. Fotograf Manfred Wegener hat viele
       RedakteurInnen und GrafikerInnen kommen und gehen sehen. Der Sauerländer
       blieb. Zu meiner Zeit schon legendär war sein regelmäßiger Beitrag zur
       Redaktionskonferenz: „Das Thema hatten wir schon mal.“
       
       Was nach 40 Jahren auf vieles zutrifft. Herausgeber Rudi Rau gründete die
       StadtRevue 1976 mit dem Ziel, Leute zu politisieren. Und zwar „durch
       Widersprüchlichkeit im Konzept und durch Pluralität der Positionen in der
       Zeitung“. 1980 kam es zum großen Krach und zur Spaltung.
       
       Die führte zum Konkurrenzprodukt Schauplatz und zur StadtRevue in ihrer
       heutigen Organisationsform: eine GmbH im Besitz ihrer Mitarbeiter. Bei
       allen politischen Turbulenzen: Der schwerste Schlag für den Betrieb war das
       Verbot der Tabakwerbung 2007. Jahrelang waren über den überregionalen
       Anzeigenvermarkter monatlich fünfstellige Beträge geflossen. Wir rauchten
       damals in unserem Büro aus lauter Dankbarkeit enorm viel.
       
       ## Viel Konkurrenz
       
       Doch das Kölner Kollektiv kriegte die Kurve. In Krisenzeiten kürzten sich
       die MitarbeiterInnen zur Liquiditätssicherung schon mal die Löhne – und
       zahlten sich die Differenz später aus. Die Zeitschrift lebt heute bei einer
       Druckauflage von 21.000 Exemplaren von regionalen Anzeigen und ihren treuen
       KäuferInnen und AbonnentInnen. Im StadtRevue-Verlag erscheinen außerdem der
       Gastroführer TagNacht, ein Modemagazin, ein Design-Guide, ein
       Hochschulmagazin, ein Heft für Familien und eines zum Thema Weiterbildung.
       Jeweils ein oder zwei Mal im Jahr.
       
       „Weil das Kollektiv StadtRevue auch für die anderen Produkte arbeitet,
       können wir uns den hohen Personalstand leisten“, erklärt Monika Peters,
       seit 1986 dabei und heute Geschäftsführerin. 25 Teil- und Vollzeit-Stellen,
       das sind für einen derartigen Betrieb ziemlich viele Leute. Bis auf den
       Druck und den Versand werden alle Aufgaben im Haus erledigt.
       
       Doch was machte das Projekt über die Jahre so widerstandsfähig? „Ich
       glaube“, sagt Musikredakteur Klopotek, „dass die StadtRevue im Besitz der
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist und es keinen Verleger und keinen
       Chefredakteur gibt.“ Während andere Stadtmagazine in den Schoß großer
       Verlage flüchteten, konnte sich nie jemand an der StadtRevue bereichern.
       Und kein Einzelner bestimmte je die publizistische Linie. „Wir sind uns
       treu geblieben“, sagt Peters, „auch in Zeiten von Prinz, als alle gesagt
       haben: ‚Ihr braucht leichte Themen, buntes Papier und mehr Fotos.‘“
       
       In Köln gab es zeitweise viel Konkurrenz. Der Dumont-Verlag, dem drei
       lokale Tageszeitungen gehören, hatte gegen den Prinz – und den politischen
       Gegner StadtRevue – die Kölner Illustrierte in Stellung gebracht. Der Prinz
       ist längst Vergangenheit, die Kölner Illustrierte spielt kaum eine Rolle.
       Bleibt: die StadtRevue.
       
       23 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Gottschalk
       
       ## TAGS
       
   DIR Stadtmagazin
   DIR Köln
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Buch über Linke-Szene im Köln der 70er: Alternativ, links, radikal, autonom
       
       Die Nähe zum Gegenstand ist Stärke und Schwäche zugleich: Oral History zur
       linken Szene im Köln der 70er Jahre.