URI: 
       # taz.de -- GLS-Vorstand über die EEG-Novelle: „Prosumenten gehört die Zukunft“
       
       > Ohne die Bürger sind dezentrale Energieprojekte kaum zu denken, sagt
       > Thomas Jorberg von der GLS-Bank. Aber es werde ihnen schwergemacht.
       
   IMG Bild: Wie genau geht es weiter mit den Erneuerbaren Energien in Deutschland?
       
       taz: Herr Jorberg, nach der EEG-Novelle werden erneuerbare Energien ab 2017
       nur noch über Ausschreibungen gefördert. Dadurch werden Investitionen
       komplizierter und betriebswirtschaftlich riskanter. Wie geht Ihre Bank
       damit um? 
       
       Thomas Jorberg: Es ist offensichtlich, dass kleine und mittelgroße Projekte
       durch das Ausschreibungsmodell schwieriger geworden sind. Man muss in der
       Anfangsphase schon mehr Geld investieren als früher. Also zu einem
       Zeitpunkt, zu dem man noch nicht weiß, ob das Projekt wirklich zum Zuge
       kommt.
       
       Man braucht jetzt also Risikokapital? 
       
       Ja, damit steigen wir inzwischen in Erneuerbare-Energie-Projekte von
       Bürgern ein. Voraussetzung ist, dass mindestens ein Drittel des
       Risikokapitals von den Bürgern selbst eingesammelt wird. Weitere Partner
       sind möglich. Das können Firmen, Projektierer oder Stiftungen sein. Auf
       diese Weise finanzieren wir zum Beispiel Gutachten, die nötig werden, wenn
       noch keiner weiß, ob das Projekt tatsächlich realisiert werden kann.
       
       Aber damit ist der Bau noch nicht finanziert. 
       
       Ist dann klar, dass das Projekt kommt, steigt die Beteiligungsgesellschaft
       aus und bekommt dafür einen Risikoaufschlag bezahlt. Anschließend kann eine
       klassische Finanzierung des Baus mit Fremdkapital durch die Bank erfolgen.
       Das sind für uns als Bank zwei völlig unabhängige Schritte.
       
       Verlangen Sie mehr Eigenkapital, weil die Projekte mit mehr Unsicherheiten
       behaftet sind als früher? 
       
       Das hängt immer vom Einzelprojekt ab. Die Prüfung der Projekte ist
       natürlich komplexer geworden.
       
       Die Bundespolitik hat das Bürgerengagement bei den Erneuerbaren gelähmt.
       Muss sich die Energiewende aus Bürgerhand nun neu erfinden? 
       
       Bürgerprojekte müssen auf eine neue Stufe gehoben werden. In der
       Vergangenheit hat man Strom erzeugt und eingespeist. Heute brauchen wir
       Projekte, die weitergehen, etwa durch Kopplung von Strom, Wärme und
       Mobilität. Bürger können Energiekonzepte für Quartiere entwickeln, sie
       können in Speicher und Netze investieren.
       
       Wer kann das besser: Bürger oder etablierte Unternehmen? 
       
       Stadtteilprojekte kommen doch ohne Bürgerunterstützung gar nicht aus, zum
       Beispiel, wenn man mit Wärmeleitungen in die Häuser muss. Die großen
       Energiekonzerne allein machen das kaum und können das auch nicht. Bürger
       und regionale Versorger zusammen sind die ideale Konstellation für solche
       Projekte. Eines dieser Art unterstützen wir gerade in Wuppertal. Daran
       sieht man: Die Bürger werden für die Energiewende gebraucht, es kommt heute
       sogar mehr denn je auf sie an.
       
       Manche Energiegenossenschaften denken zwar bereits in diese Richtung,
       andere sind hingegen frustriert. 
       
       Klar, es gibt diese negative Einschätzung, weil die klare und einfache
       EEG-Regelung viel schwieriger geworden ist. Doch wir sollten uns an die
       Anfangszeit der Energiewende erinnern, als Solarpioniere Module aufs Dach
       schraubten, obwohl es noch keine auskömmliche Vergütung gab. Auch der
       Netzkauf in Schönau war am Anfang ein waghalsiges Projekt, das den Einsatz
       von Zeit und Geld erforderte, ohne dass klar war, was genau dabei
       herauskommt.
       
       Wo sehen Sie die Zukunft der Energiewirtschaft? 
       
       Sie wird von Prosumenten bestimmt sein, von Menschen, die gleichzeitig
       Produzent wie auch Konsument sind. Und dieses Modell wird wirtschaftlich
       erfolgreich sein. Die Großen werden es aber nicht umsetzen, selbst wenn es
       sie dann noch gibt. Hier sind ganz klar die Bürger gefragt.
       
       10 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
   DIR GLS-Bank
   DIR Energiewende
   DIR GLS-Bank
   DIR Möckernkiez
   DIR Energiewende
   DIR OTB
   DIR GLS-Bank
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Solarenergie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR GLS-Treuhand und der Klimaschutz: GLS spendet an Germanwatch
       
       Zur Bilanzpressekonferenz heißt es von der GLS-Bank, dass sie „politischer“
       werden will. Der Vorstand fordert von der Politik eine CO2-Abgabe.
       
   DIR Genossenschaftsprojekt: Endspurt für den Möckernkiez
       
       Die GLS Bank, Finanzierungspartner des Projekts, rechnet Anfang 2018 mit
       der Fertigstellung. Ob das Bauvorhaben gelingt würde, war lange Zeit nicht
       sicher.
       
   DIR Geschichte der erneuerbaren Energie: Bürger mit Rückenwind
       
       Die Energiewende in Deutschland: Das ist ein verkannter Kampf für mehr
       Demokratie, Mitsprache und Gemeinschaft.
       
   DIR Erneuerbare Energien gedrosselt: Widerstand mit einer Protokollnotiz
       
       Wegen fehlender Stromleitungen an Land werden in der Nordsee erst mal keine
       neuen Windräder mehr gebaut. Bremen und Niedersachsen protestieren.
       
   DIR Höhere Gebühren für GLS-Bank-Konto: Öko, sozial, immer teurer
       
       Auch alternative Banken spüren die niedrigen Zinsen. Die GLS-Bank will für
       Konten jetzt deutlich mehr Gebühren erheben.
       
   DIR Ökostrom-Neuerungen: Netzausbau hakt, EEG-Reform kommt
       
       Eine wichtige Nord-Süd-Stromtrasse geht erst 2025 in Betrieb. Die Regierung
       will Ökostrom weniger fördern. Kohle-Verstromung gibt's weiter.
       
   DIR Erneuerbare Energien: Den Wind aus den Segeln genommen
       
       Der Bund will die Windkraft weniger fördern. Mit einer ähnlichen Kürzung
       begann der Abstieg der Photovoltaik. Eine Wiederholung droht.