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       # taz.de -- Ratifizierung des Klimaschutzabkommens: Polen macht's nur gegen Kohle
       
       > Warschau droht der EU: Das Pariser Klimaabkommen wird nur schnell
       > ratifiziert, wenn Polen seine Ziele aufweichen darf.
       
   IMG Bild: Kohlemine in Sosnowiec, Polen
       
       Berlin taz | Für die schnelle [1][Ratifizierung des Pariser Abkommens] zum
       Klimaschutz durch die europäische Union fordert das EU-Land Polen einen
       dreckigen Deal. Warschau will einem Eilverfahren nur zustimmen, wenn Polen
       neue Kohlekraftwerke bauen, seine Emissionen schönrechnen und
       Ausnahmeregeln für die Forstwirtschaft durchsetzen darf.
       
       Das schreibt der polnische Umweltminister Jan Szysko in einem Brief an
       seine Amtskollegen mit Datum vom 26. September. Das Schreiben hat die
       Klima-Nachrichtenwebseite „Climate Home“ [2][ins Netz gestellt].
       
       „Polen wird der Ratifizierung durch die EU zustimmen, wenn unsere
       Reduktionserfolge unter dem Kioto-Protokoll und die Besonderheit unseres
       nationalen Energiemixes in Betrachtung gezogen werden“, schreibt Szysko.
       „Die Grundlage der polnischen Wirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung
       sind Stein- und Braunkohle. Außerdem müssen wir neue Kraftwerke entwickeln,
       um den steigenden Strombedarf zu befriedigen und um alte und ineffiziente
       Kraftwerke zu ersetzen.“
       
       Die polnische Regierung nutzt damit ihr Drohpotenzial vor einer
       entscheidenden Sitzung der EU-Umweltminister am Freitag in Brüssel. Dort
       wollen die 27 zuständigen Ressortchefs beraten, wie eine schnelle
       Ratifizierung des Klima-Vertrags durch die EU möglich ist, auch wenn erst
       einige Länder wie Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Ungarn das
       Verfahren abgeschlossen haben. Ein solches Schnellverfahren hatte
       EU-Klimakommissar Canete letzte Woche angekündigt. Nun stellt Polen
       Bedingungen dafür, einem solchen Procedere zuzustimmen.
       
       ## Nicht erlaubte Rechentricks
       
       Was die Polen fordern, lehnt die EU seit langem ab. So haben andere Länder
       wie Deutschland ihre überschüssigen CO2-Zertifikate aus dem Kioto-Protokoll
       stillgelegt, die weniger auf Anstrengungen zum Klimaschutz beruhen als auf
       dem Zusammenbruch der Industrie nach dem Ende des Sozialismus.
       
       Auch rechnen die Polen vor, was sie angeblich jedes Jahr an Emissionen
       sparen, indem sie Wälder wachsen lassen (32 Millionen Tonnen), Häuser aus
       Holz bauen (2,5 Millionen Tonnen) und Holz und Wasserkraft für Wärme und
       Strom nutzen (18,5 Millionen Tonnen). Bisher sind solche Rechentricks in
       der EU nicht erlaubt, weil die Datenlage über ihre Wirkung zu unsicher ist
       und sie Schlupflöcher bei den Anstrengungen zum Klimaschutz eröffnen.
       
       Mit seinem Vorstoß bringt Szysko seine Kollegen und den EU-Klimakommissar
       Miguel Arias Canete in die Klimaklemme. Denn das Paris-Abkommen steht kurz
       davor, in Kraft zu treten. Nötig dafür ist die Ratifizierung des Vertrags
       vom Dezember 2015 durch 55 Länder mit 55 Prozent der globalen Emissionen.
       Die Zahl der Länder ist erreicht, bisher sind knapp 48 Prozent der
       Emissionen zusammen. Da Indien am kommenden Sonntag seine Urkunde
       hinterlegen will, würden ein paar wenige Prozente aus EU-Ländern das
       Abkommen über die Ziellinie bringen.
       
       Für die EU, die seit Jahrzehnten auf ein solches Abkommen hinarbeitet, wäre
       das ein großer Imagegewinn. Sollte die Zustimmung aus Brüssel allerdings
       nicht bis zum 7.Oktober vorliegen, wäre die EU nicht am Verhandlungstisch,
       wenn am Rande der der Klimakonferenz in Marrakesch im November die
       Schnellratifizierer zum ersten Treffen des Paris-Abkommens zusammenkommen.
       
       Für dieses schnelle Inkrafttreten plane Marokko schon ein hochrangiges
       Treffen der betroffenen Staatschefs, heißt es von Experten. Und wenn die EU
       nicht an Bord ist, müssten sich die EU-Chefs Hollande, Juncker und Merkel
       die feierliche Klimaparty von Obama, Xi und Modi am Fernseher anschauen.
       
       28 Sep 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erfolg-fuer-UN-Klimapakt/!5342542
   DIR [2] http://www.climatechangenews.com/2016/09/27/poland-threatens-eu-plan-to-ratify-un-climate-deal/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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