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       # taz.de -- US-Kongress überstimmt Obama-Veto: Schlappe auf den letzten Metern
       
       > Der US-Kongress überstimmt das Veto des Präsidenten gegen das
       > 9/11-Gesetz. Obama hält dies für einen „gefährlichen Präzedenzfall“.
       
   IMG Bild: Das Ende seiner Amtszeit wird Barack Obama nochmal schwergemacht
       
       Washington AFP/AP | Schwere innenpolitische Schlappe für Barack Obama kurz
       vor dem Ende seiner Amtszeit: Der US-Kongress hat am Mittwoch ein Veto des
       Präsidenten gegen ein Gesetz überstimmt, das Entschädigungsklagen gegen
       Saudi-Arabien wegen der Anschläge vom 11. September 2001 ermöglichen soll.
       Es ist das erste Mal in Obamas fast achtjähriger Präsidentschaft, dass
       eines seiner Vetos vom Kongress niedergeschmettert wird.
       
       Um ein Veto des Präsidenten zu überstimmen, ist in beiden Kammern des
       Kongresses jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Sowohl im Senat
       als auch im Repräsentantenhaus haben die oppositionellen Republikaner die
       Mehrheit. Jedoch stimmten auch viele Parlamentarier von Obamas Demokraten
       gegen sein Veto, womit die erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande kam.
       
       Im Senat wurde das Veto sogar fast einstimmig abgewiesen: 97 Senatoren
       stimmten gegen den Einspruch Obamas, nur einer unterstützte den
       Präsidenten. Dabei handelte es sich um den Anführer der Demokraten im
       Oberhaus, Harry Reid. Im Repräsentantenhaus wurde das Veto mit 348 gegen 77
       Stimmen abgeschmettert.
       
       Obama kritisierte die Entscheidung von Senat und Repräsentantenhaus als
       „gefährlichen Präzedenzfall“. Er verstehe aber, warum es dazu gekommen sei,
       sagte er dem Fernsehsender CNN. „Wir alle tragen immer noch die Wunden und
       das Trauma von 9/11.“
       
       ## Das Prinzip der Immunität verletzt
       
       Trotzdem sei die Entscheidung des Kongresses falsch, sagte der Präsident
       weiter. Denn sie verletze das Prinzip der Immunität souveräner Staaten, das
       diese – und damit auch die USA – vor Prozessen schützt. Es werde womöglich
       der Weg gebahnt für Klagen gegen die USA wegen der Auslandseinsätze ihrer
       Streitkräfte.
       
       Seine Blockade des 9/11-Gesetzes hatte Obama damit begründet, dass er
       dieses als „schädlich für die nationalen Interessen der USA“ betrachte.
       Dessen ungeachtet hatte sein Veto Empörung unter den Angehörigen von Opfern
       der Anschläge ausgelöst. „Die Familien sind schockiert und sehr
       enttäuscht“, sagte Terry Strada, deren Mann bei den Anschlägen auf das New
       Yorker World Trade Center getötet worden war.
       
       Das Gesetz soll es Angehörigen der Opfer ermöglichen, Entschädigungsklagen
       gegen andere Staaten einzureichen. Es ist vor allem gegen Saudi-Arabien
       gerichtet. Aus dem Königreich stammten 15 der 19 Attentäter vom 11.
       September. Seit den Anschlägen waren immer wieder Vorwürfe laut geworden,
       die Attentäter hätten Hilfe von saudiarabischer Seite erhalten. Die Führung
       in Riad wies diese Vorwürfe zurück und betrieb hinter den Kulissen massive
       Lobbyarbeit, um das Gesetz zu verhindern.
       
       Obama hat im Laufe seiner fast achtjährigen Amtszeit insgesamt zwölf Mal
       von seinem Recht Gebrauch gemacht, sein Veto gegen Gesetzesvorhaben
       einzulegen. Es ist nun das erste Mal, dass er dabei überstimmt wird. Auch
       Obamas Vorgänger George W. Bush legte zwölf Mal sein Veto ein, er wurde
       vier Mal überstimmt.
       
       ## Übergangshaushalt genehmigt
       
       Der US-Senat stimmte am Mittwoch außerdem einem Übergangshaushalt bis zum
       9. Dezember zu. 72 Senatoren votierten am Mittwoch dafür, 26 dagegen.
       Darüber hinaus werden 1,1 Milliarden Dollar für den Kampf gegen das für
       Schwangere gefährliche Zika-Virus bereitgestellt. Zuvor hatten führende
       Mitglieder des US-Kongresses als Voraussetzung für die Zustimmung zu dem
       Gesetzentwurf einen Durchbruch in der Frage für Hilfe für die von einem
       Trinkwassernotstand getroffene Stadt Flint erzielt.
       
       Der Übergangshaushalt enthält auch eine Hilfe von 500 Millionen Dollar für
       die Opfer des Hochwassers in Louisiana und anderen US-Staaten. Es wird
       erwartet, dass das Repräsentantenhaus die Gesetzgebung ebenfalls billigt.
       Danach muss sie noch von US-Präsident Barack Obama unterzeichnet werden.
       
       Mitarbeiter des republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses,
       Paul Ryan, und der demokratischen Fraktionschefin Nancy Pelosi hatten zuvor
       mitgeteilt, der Deal gebe 170 Millionen Dollar (rund 152 Millionen Euro)
       für die von einem Trinkwassernotstand getroffene Stadt Flint und andere
       Kommunen mit derartigen Problemen frei.
       
       Am Dienstag war der Übergangshaushalt im Senat noch an dieser Frage
       gescheitert. Am Samstag drohte deswegen die Schließung von Behörden und
       Institutionen des Bundes wegen Geldmangels. Die Stadt Flint ist wegen
       seines mit Blei vergifteten Trinkwassers in die Schlagzeilen geraten. Das
       Geld soll aber erst nach einer endgültigen Haushaltsversion von Senat und
       Repräsentantenhaus erst nach der Präsidentenwahl im November tatsächlich
       fließen.
       
       29 Sep 2016
       
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