# taz.de -- Sicherheitsmängel in französischen AKWs: Atomaufsicht drückt beide Augen zu
> Greenpeace belegt erneut erhebliche Probleme bei Stahlteilen an 14
> Atomstandorten in Frankreich. Doch die Behörden lassen die Meiler weiter
> laufen.
IMG Bild: Auch hier wird offenbar geschlampt: Atomkraftwerk Fessenheim unweit der deutschen Grenze
Paris taz | Laut einem für Greenpeace erstellten [1][Gutachten] des
Londoner Ingenieurbüros John Large laufen französische Atomkraftwerke an 14
Standorten mit fehlerhaften Bauteilen. Die Qualitätsmängel in den Meilern
stellten ein grenzüberschreitendes Sicherheitsproblem dar, hieß es bei
Greenpeace. Die Organisation und auch andere französiche Atomgegner
forderten, dass die betroffenen Reaktoren, namentlich jene in den östlichen
Grenzregionen wie Fessenheim und Cattenom, sofort vom Netz genommen werden.
„Die französischen AKW sind eine akute Gefahr für Millionen Europäer“,
warnt Susanne Neubronner von Greenpeace. Sie verweist dabei auf eine
bereits bekannte Expertise des unabhängigen Institut de Radioprotection et
de Sûreté Nucléaire (IRSN), wonach die Anomalien und Produktionsmängel zum
Versagen der Dampferzeuger und damit in Folge zu einer Kernschmelze in den
Reaktoren führen könnten.
Es ist nicht einmal ganz neu, dass serienweise geschludert wurde bei der
Herstellung von Stahlteilen für französische Atomkraftwerke. Das kam schon
an den Tag, als 2014 Qualitätsmängel im Reaktordruckbehälter für die neuen
Anlage mit EPR-Technologie in Flamanville in der Normandie entdeckt worden
waren. Dieses sehr große Teil enthielt laut Analysen einen zu hohen Anteil
an Kohlenstoff, was der Belastbarkeit schadet.
Bei den weiteren Kontrollen stellte sich heraus, das eine ganze Reihe von
Auflagen bei der Produktion in der zum Areva-Konzern gehörenden
Stahlgießerei Creusot Forge nicht oder unvollständig respektiert worden
waren. Und wie sich dann rasch herausstellte, gab es diese Mängel in der
Stahlqualität nicht nur für Flamanville, sondern auch bei anderen
AKW-Anlagen.
Die Greenpeace-Untersuchung erinnert die Atomaufsichtsbehörde ASN nun
daran, dass insgesamt 107 Bauteile in 19 Reaktoren aus der Creusot-Schmiede
ähnliche Fehler aufweisen. Derzeit sind lediglich vier Reaktoren wegen
weiterer Untersuchungen vom Netz, darunter ein Reaktor in Fessenheim bei
Freiburg. Die restlichen 15 AKW laufen ungedrosselt weiter.
Die Atomaufsichtsbehörde drückt vorerst beide Augen zu. Für sie scheint es
unvorstellbar zu sein, dass die Hälfte der Stromproduktion der
französischen AKW wegen erforderlicher Reparaturen auf unbestimmte Zeit
ausfällt.
30 Sep 2016
## LINKS
DIR [1] http://www.greenpeace.de/presse/presseerklaerungen/32-franzoesischen-atomkraftwerken-droht-akuter-stoerfall
## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
## TAGS
DIR AKW
DIR Schwerpunkt Frankreich
DIR Energie
DIR Schwerpunkt Atomkraft
DIR Flamanville
DIR Atomkraftwerk
DIR Schwerpunkt Atomkraft
DIR Schwerpunkt Frankreich
DIR Schwerpunkt Atomkraft
DIR Atomausstieg
DIR Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Greenpeace zündet Feuerwerk im AKW: Wunderbar leuchtende Abklingbecken
Raketen im Morgengrauen: Die Umweltschützer halten Frankreichs Meiler für
zu wenig geschützt vor Terrorismus. Die Polizei nimmt acht Aktivisten fest.
DIR Französisches Uralt-AKW Fessenheim: Stillstand – vielleicht sogar endgültig
Im ältesten AKW Frankreichs wurde nun auch der zweite Block abgeschaltet.
Vielleicht für immer. Doch es deutet sich ein neues Sicherheitsrisiko an.
DIR Atomkraftwerk Fessenheim: Stilllegung? Nein, danke!
Die französische Umweltministerin will das AKW im Elsass 2018 wie geplant
stilllegen. Das sei Augenwischerei, schimpfen die Grünen.
DIR Explosion in nordfranzösischem AKW: Unfall in Flamanville unter Kontrolle
Im französischen AKW Flamanville ist es zu einer Explosion gekommen. Die
Behörden betonen, es gebe kein Verstrahlungsrisiko.
DIR Pfusch in französischem AKW: Zwölf Reaktoren abgeschaltet
In mindestens 18 Kraftwerken steckt minderwertiger Stahl. Auch die
Atomaufsicht zeigt sich „beunruhigt“. Sie hätte das Problem kennen müssen.
DIR Stilllegung von französischem AKW: Frankreich zahlt 400 Millionen
Der Stromkonzern EDF und Frankreich einigen sich auf die Höhe der
Entschädigung für die Schließung des AKW Fessenheim. Bis dahin dauert es
aber noch über ein Jahr.
DIR Tschernobyl: 30 Jahre danach: Noch lange nicht gelaufen
Trotz der Entscheidung der Bundesregierung, die AKWs abzuschalten, gibt es
keinen Grund, sich zurück zu lehnen. Denn viele Fragen sind noch offen.
DIR Atomkraft fünf Jahre nach Fukushima: Strahlen nach Zahlen
Die Katastrophe von Fukushima hat die Welt der Atomkraft verändert. Die
Konkurrenz ist billiger, Unternehmen stehen vor der Pleite.